Rezension

Résistancebewegung in der Champagne

Das letzte Licht des Tages - Kristin Harmel

Das letzte Licht des Tages
von Kristin Harmel

Bewertet mit 3 Sternen

Dramatische Geschichte über Mitglieder der Résistance in der Champagne. Leider bleiben die Charaktere ohne Tiefe.

Ohne Frage hat Kristin Harmel eine dramatische Geschichte über Menschen in der Champagne geschrieben, die sich unter Einsatz ihre Lebens der Résistance angeschlossen haben. Leider konnte mich die Geschichte nur auf der Oberfläche fesseln, da die Charaktere sehr flach bleiben und kaum Substanz zum Mitfiebern liefern.

Auf Maison Chauveau führen Michel und Inès zusammen mit dem Kellermeister Théo und dessen Frau Céline im Frühjahr 1940 ein bescheidenes Leben. Als die Invasion der Deutschen voranschreitet verändert sich das Leben auf dem Weingut in der Champagne dramatisch. Die junge Inès fühlt sich zusehends von ihrem Mann und der tatkräftigen Céline zurückgedrängt. Was geschieht in den Kellern des Weingutes? Inès flüchtet zu ihrer Freundin nach Reims und lernt Kollaborateure und Résistancemitglieder kennen. Geheimnisse auf Maison Chauveau führen zur Misstrauen und Missverständnissen, die schließlich in einer Katastrophe münden.

Fast 80 Jahre später nimmt Edith ihre frisch geschiedenen Enkelin Liv mit nach Frankreich. Sie reisen in die Champange. Die fast Hundertjährige ringt sichtlich mit Erinnerungen an die Vergangenheit und versucht, Liv in das Dunkel der damaligen Zeit einzuweihen. Ein junger Anwalt kommt Liv schnell näher und weiß mehr über die Kriegszeit, als die Amerikanerin zunächst ahnt.

Die Familiengeschichte, die abwechselnd auf zwei Zeitebenen spielt, ist wirklich interessant und auch dramatisch. Die Verstrickung der Winzer und Champangerhäuser mit der Résistancebewegung und die weiteren historischen Elemente sind gut recherchiert und bieten eine hervorragende Grundlage für "The Winemaker's Wife", wie das Buch im Original heißt. Durch die zusätzlich wechselnden Perspektiven, die Kapitel werden sowohl aus der Sicht von Liv, Inès und auch Céline geschildert, gewinnt die Geschichte an Geschwindigkeit. 

Leider hat die Entwicklung der Charaktere aber für mich deutliche Mängel. Mit keiner der Figuren konnte ich tatsächlich mitleiden oder mitfühlen. Ihre Gefühle, Ängste und Sorgen bleiben oberflächlich, widersprechen sich teilweise sogar. Daher sind auch viele Aktionen und Reaktionen unverständlich und damit unglaubwürdig. Wie die Personen sich jeweils selbst und gegenseitig beurteilen, ist nicht stimmig bzw. nicht deutlich genug herausgearbeitet. Z.B. wird Inès nicht so deutlich als das sorglose Püppchen dargestellt, das Michel und auch Céline in ihr sehen. 

Was mir beim Lesen negativ aufgefallen ist, ist die Übersetzung. Die ist an vielen Stellen nicht besonders elegant gelungen. Die Floskel "Ja, nun ja, ..." wurde fast zehn Mal gemüht, um einen Antwortsatz einzuleiten. Bereits beim ersten Satz klangt das künstlich, da muss man fantasievoller übersetzen oder ggf. auf so eine Floskel verzichten.

Insgesamt war ich daher von "Das letzte Licht des Tages" enttäuscht. Ich hatte mich auf ein mitreißendes Buch gefreut, da ich den historischen Aspekt sehr interessant finde, ebenso die Verknüpfung von zwei Zeitebenen. Die Geschichte an sich hat viel Potential, die aber durch die schwachen Charaktere sehr leidet. Sicherlich wird das Buch Fans finden. Es liest sich schnell, bietet aber wenig Identifikationsmöglichkeiten. Ich vergebe drei Sterne.