Rezension

Verbrecherjagt und Schafe-Schubsen

Nordwesttod -

Nordwesttod
von Svea Jensen

Bewertet mit 4 Sternen

Ein gelungener Auftakt zu einer Krimireihe an einem sehr schönen Urlaubsort mit einer spannenden und gut erzählten Kriminalgeschichte.

„Moin, Sie müssen Frau Wagner sein.“ Anna nickte und erwiderte einen kräftigen Händedruck. „Ja, Grüß Gott, äh….Moin.“ Die Frau lachte. „Grüß Gott? Das klingt mir aber sehr nach Bayern.“ Anna fiel in das Lachen ein. „Das stimmt. Ich komme aus München.“

Nordwesttod, Seite 57

Ein herzliches Dankeschön an Vorablesen und den Verlag HarperCollins Germany für die Bereitstellung des Buches. Der Krimi ist der erste Band der neuen „Soko St. Peter-Ording“ Reihe von Svea Jensen und am 16.02.2021 erschienen.

Cover:

Als begeisterte Leserin von Fernweh-Krimis, die da spielen, wo andere Urlaub machen, bin ich direkt über das Cover gestolpert. Das typische Urlaubsbild von einem Steg in den Dünen ist in dunklen Farbtönen gehalten, als wolle es signalisieren, dass es „Ärger im Paradies“ gibt. Es lässt die Leser*innen mit einem spannenden Gefühl starten.

Der Inhalt in eigenen Worten:

Die Kommissarin Anna Wagner ist Spezialistin für Vermisstenfälle und wurde frisch aus München nach Kiel versetzt, um dort eine entsprechende Abteilung aufzubauen. Ihr erster Fall führt sie ins 3 Stunden entfernte St. Peter-Ording. Dort wird die Umweltaktivistin Nina vermisst, die nach einem Urlaub nicht an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt ist. Gemeinsam mit dem Dienststellenleiter Hendrik Norberg und anderen Kolleg*innen startet eine Suche zwischen schwierigen Familienverhältnissen, umweltschädlichen Hotelneubauprojekten und persönlichen Tragödien.

Mein Leseerlebnis:

Die Geschichte beginnt ebenso düster, wie das Cover. Der Autorin gelingt es bereits auf den ersten Seiten, eine emotional dichte Atmosphäre zu schaffen, die allerdings nicht durchgängig schwermütig ist. Die Leser*innen begleiten die Kommissare bei der Aufklärung des Vermisstenfalls und werden dadurch zum „Mitraten“ und Spekulieren eingeladen. Svea Jensen hat einen soliden Kriminalfall gestrickt, der hauptsächlich von menschlichen Ab- und Beweggründen lebt. Ihr gelingt es dabei durchaus, bei mir als Leserin, Bestürzung, Erschrecken, Wut und andere Emotionen zu wecken. Auf diesen tragischen Tatmotiven wird für meinen Geschmack nach der Aufklärung des Falls allerdings etwas zu lang herumgeritten. Die vorletzten Kapitel hätten für mich gerne zusammengekürzt werden können.

Die Polizist*innen, allen voran Anna und Hendrik, werden nicht nur auf ihren Job reduziert, sondern auch in privaten Kontexten vorgestellt. Dabei wird schnell deutlich, dass insbesondere Hendrik einige Kreuze zu tragen hat, die im Verlauf der Geschichte immer wieder eine große Rolle spielen. Diese Einblicke ins Privatleben machen die Protagonisten sehr authentisch und vielschichtig. Auch Nebencharaktere, wie z.B. Norbergs Kinder und Schwiegereltern, habe ich während der Lektüre ins Herz geschlossen und würde mich über ein Wiedersehen in weiteren Bänden freuen.

Der Sprachstil ist durchweg flüssig und der gesamte Roman ist aus der Perspektive eines personalen Erzählers geschrieben. Dadurch war der Lesegenuss vergleichbar mit dem Schauen eines „Tatorts“ bei dem die Leser*innen die ermittelnden Kommissar*innen begleiten.

Norddeutsche Ausdrücke und Ortsbeschreibungen sowie liebenswerte Marotten der Protagonisten werden immer wieder eingeflochten und machen den Roman neben der Kriminalgeschichte zu einem Fernweh-Leseerlebnis mit norddeutschem Lokalkolorit. Dabei kommen die Leser*innen sowohl in den Genuss von zahlreichen kulinarischen (Fisch-)Gerichten, als auch vom „Schafe-Schubsen“. Ich persönlich hätte mir mehr „Zusammenstöße“ zwischen der bayerischen Kultur bzw. Mundart von Anna und der norddeutschen Zurückhaltung gewünscht. Hier gibt es nur sehr vereinzelte Stellen, die definitiv ausbaufähig sind.

Fazit und Empfehlung: ⭐️⭐️⭐️⭐️

NORDWESTTOD ist ein gelungener Auftakt zu einer Krimireihe an einem sehr schönen Urlaubsort mit einer spannenden und gut erzählten Kriminalgeschichte. Die Protagonist*innen wirken sympathisch und haben Potential, das aber definitiv in weiteren Bänden noch mehr ausgeschöpft werden sollte. Ich empfehle das Buch allen Fans von unblutigen Polizeigeschichten/Krimis und definitiv allen Nordfriesland-Fans.

Cover ⭐️⭐️⭐️

Schreibstil  ⭐️⭐️⭐️⭐️

Protagonist*innen  ⭐️⭐️⭐️⭐️

Story  ⭐️⭐️⭐️⭐️

Fernweh-Faktor ⭐️⭐️⭐️