Rezension

Nicht mehr als ein durchschnittlicher Krimi

Nordwesttod -

Nordwesttod
von Svea Jensen

Bewertet mit 3 Sternen

Das Cover gefällt mir ausgesprochen gut, auch wenn es in der Reihe der deutschen (Regional-)Krimis nicht gerade aus der Masse heraussticht. Ich mag dennoch die Kombination aus dem dunklen Himmel und dem aufgewühlten Meer, die einem direkt das Gefühl vermittelt, dort zu sein.

Der Inhalt klingt auf den ersten Blick ebenfalls sehr vielversprechend: Anna Wagner ist froh, dass sie nach einer schwierigen Scheidung von München nach Kiel versetzt werden wird, um dort eine im Landeskriminalamt eine Stelle aufzubauen, die auf Vermisstenfälle spezialisiert ist. Gleich ihr erster Fall führt sie nach St. Peter-Ording, wo Nina Brechtmann spurlos verschwunden ist, nachdem sie in ihrem Urlaub ihre Familie besuchen wollte. Diese ist eine der erfolgreichsten Hoteliersfamilien an der Nordsee und hat schon seit Jahren keinen Kontakt mehr zu Nina, die sich für den Umweltschutz einsetzt und in der Seehundsstation arbeitet. In dem Küstenort erhält Anna Unterstützung von dem neuen Dienststellenleiter Hendrik Norberg, einem ehemaligen Mordermittler, der nach dem Tod in seinem Heimatort zurückgekehrt ist, um sich um seine Söhne zu kümmern. Neben allerlei privaten Problemen versuchen die beiden die junge Frau zu finden oder ist es dafür vielleicht schon zu spät?

Ich bin bei dem Buch etwas zwiegespalten. Ich habe mich echt gefreut, mal wieder einen richtigen Krimi zu lesen, doch so richtig überzeugen konnte es mich nicht. Das fing schon mit dem Schreibstil an. Ich hatte am Anfang wirklich Probleme, in die Geschichte zu finden, weil dieser irgendwie sehr sperrig war. Vor allem die Dialoge wirkten extrem gestellt und in keinster Weise real. Auch, dass Charaktere immer wieder mit Vor- und Nachnamen angesprochen werden und vorgestellt werden, fand ich super irritierend. Vor allem wenn Hendrik Norberg immer wieder von Corinna Heckler spricht, wenn er seine Schwiegermutter spricht, hat mich zu Beginn des Buches sehr gestört. Natürlich ist es nur eine Kleinigkeit, steht aber exemplarisch für den Schreibstil im gesamten Krimi. Mit der Zeit habe ich mich allerdings dann doch daran gewöhnt und konnte das Buch letztlich recht schnell durchlesen. 

Die Charaktere an sich mochte ich recht gerne, auch wenn mir das bei Anna deutlich leichter fiel. Sie ist wirklich taff und hartnäckig, gleichzeitig aber auch einfühlsam. Mir gefiel, dass sie nicht die ganze Zeit wehmütig an ihren Ex und München zurückdenkt, sondern sich auf den Neuanfang und das Leben in Schleswig-Holstein freut. Dadurch stellt sie einen guten Ausgleich zu Hendrik Norberg dar, der noch immer mit dem Tod seiner Frau und dem dadurch erzwungenen Wechsel und Abstieg vom angesehenen Mordermittler zum Dorfpolizisten hadert. Zwar liebt er seine Söhne und bereut nicht, nun für sie da sein zu müssen, aber er erkennt auch, wie viele Probleme vor allem sein älteres Kind Lasse noch immer hat, den Tod seiner Mutter zu verarbeiten. Vor allem diese Alltagsprobleme Norbergs werden für mich in diesem Buch zu sehr in den Fokus genommen. Ich kann verstehen, warum das so wichtig ist, aber es spielt für den Fall halt einfach keine Rolle und der ist ja vor allem, warum man einen Krimi lesen will. Durch diesen verschobenen Fokus dauert es gefühlt ewig bis der Fall mal ins Rollen kommt und man hat fast das Gefühl, dass zu Beginn überhaupt nicht ermittelt wird, weil eben sehr wenig in dieser Hinsicht passiert. Dementsprechend durchschnittlich fand ich auch den Fall im Ganzen. Dadurch, dass man dauernd verschiedene Perspektiven hatte, wusste man immer mehr als die Kommissare, was ich super unnötig fand. Ich hätte es deutlich besser gefunden, wenn eben die Kommissare als Protagonisten im Mittelpunkt gestanden und nicht immer mal wieder die möglichen Tatverdächtige auch Raum bekommen hätten. Ich habe durch diese Perspektiven rein gar nichts gewonnen, weil sie teilweise nicht einmal wichtig für den Handlungsablauf waren und sich vieles einfach letztlich in der Vernehmung wiederholt hat. Das hat mich an manchen Stellen schon genervt, zumal es für mich dadurch eher zum Spannungsabbau beigetragen hat.

Zudem ist das Setting eigentlich extrem gut gewählt, die Umsetzung war aber auch hier allenfalls durchschnittlich. Ich liebe das Meer und habe mich deswegen auf dieses Feeling gefreut. Ich wurde aber mit SPO nicht so richtig warm. Vielleicht weil ich nie dort war und mir die vielen Straßennamen, die immer wieder genannt wurden, so gar nichts sagten, ebenso wenig wie die Sehenswürdigkeiten. Zwar werden das Meer und der Strand immer mal wieder erwähnt, aber bei mir kam das Gefühl, sich dort zu befinden, leider nicht an. Ich fand das super schade, weil man ja gerade durch Anna Wagner, die aus München kommt, den Ort und das Setting im Allgemeinen mitentdecken könnte. Doch selbst wenn sie denn dann mal durch den Ort läuft, kommt für mich das Gefühl von St. Peter-Ording und der Nordseeküste leider so gar nicht an.

Alles in allem habe ich das Buch an einem Nachmittag durchgelesen, mochte die Protangonisten und wurde durchaus unterhalten, mehr aber leider auch nicht. Für mich hat sich nicht wirklich Spannung aufgebaut, der Fall war (zumindest für mich) sehr vorhersehbar, der Schreibstil vor allem am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig und die vielen Perspektiven recht unnötig. Auch das Setting hat mich leider nicht wirklich abgeholt, sodass ich den zweiten Teil der Reihe sehr wahrscheinlich nicht lesen werde.