Rezension

Von banalen Bedeutungen und bedeutenden Banalitäten!

Kim Jiyoung, geboren 1982 -

Kim Jiyoung, geboren 1982
von Nam-joo Cho

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Buch, über die Unterdrückung einer Frau in der Gesellschaft Südkoreas. Ein Buch, in dem Kim Jiyoung systematisch in allen Bereichen ihres Lebens klein gehalten wird, so dass sie kaum ein Selbstwertgefühl entwickeln kann. Ein Buch, dass stellvertretend für alle Frauen steht, denen es ähnlich ergeht.

Dieses Buch ist kein Roman im herkömmlichen Sinne. Kim Jiyoungs Geschichte ist ein Leben, wie es täglich unzählige Frauen erleben. Deshalb ist das Format ein nüchterner, von Fakten gespeister Bericht. Wieder Erwarten macht das das Buch nicht langweilig, sondern erst so richtig fesselnd. Fesselnd, weil einem bewusst wird, wie bedeutend und wie wahr alles ist. Außerdem geleitet einen der beständig gute Schreibstil Cho Nam-Joo´s durch die gesamte Lektüre. Es geht nicht um große Überraschungen während dem Lesen, sondern darum, wie unvermeidbar der Fortlauf einer einmal begonnenen Kausalitätenkette erscheint. 

Schon das Cover deutet die Handlung gekonnt an. Eine gesichtslose Frau, verloren in der äußerlichen Modernität des südkoreanischen Staates. Es ist Kim Jiyoung, die aber stellvertretend für alle anderen Frauen in einer ähnlichen Situation steht. In dem Buch geht es dann um seit Generationen bestehende Missstände, so wurde auch Kim Jiyoungs Mutter schon Opfer der Diskriminierung der Frau und deren Mutter wahrscheinlich auch und deren Mutter ... . Unter diesen Ungerechtigkeiten leiden dann auch Kim Jiyoung, ihre Schwester, ihre Klassenkammeradinnen, ihre Kommilitoninnen, ihre Arbeitskolleginnen und viele andere. Ungerechtigkeiten, wie die Bevorzugung des Bruders, der Klassenkammeraden, der Kommilitonen, der Arbeitskollegen und vieler anderer. Diese sind privilegiert, müssen weniger leisten, werden mehr unterstützt, erhalten mehr Lohn, dürfen ungesühnt Frauen sexuell belästigen, ... .

Das Problem ist verstanden. Die Ungerechtigkeit! Dennoch ist es kaum möglich  einen Schuldigen auszumachen. Genau darauf macht dieses Buch aufmerksam. Deshalb ist es ein wichtiges Buch. 

Es handelt von banalen Bedeutungen, wie, dass wir Menschen alle gleich sind, egal welches Geschlecht, welche Hautfarbe, welche sexuelle Orientierung, welches Aussehen oder welche Nationalität wir haben. Wir sind alle gleich, wir sind alle gleich viel wert, wir sollten alle gleich behandelt werden!

Es handelt von bedeutenden Banalitäten, wie, dass jede Handlung gegenüber einem anderen Menschen Auswirkungen hat. Es ist eben wichtig, sich wertgeschätzt zu fühlen. Gerechtigkeit ist wichtig. Wenn zwei Nachtische auf drei Kinder kommen, müssen die gerecht aufgeteilt werden. Wenn es um den Haushalt geht, müssen die Arbeiten gerecht verteilt werden. Jede Stimme sollte gleich viel Gewicht haben. Oft sind es simple Alltäglichkeiten, die in ihrer Summe eine große Bedeutung haben.

Ja, dieses Buch ist wichtig. Es sollte Pflichtlektüre in Schulen sein!

Kommentare

wandagreen kommentierte am 05. März 2021 um 09:42

Sehr hübsch geschrieben. *ganzeinverstandenbin*