Rezension

Engelsschmerz

Engelsschmerz - Anna Martens

Engelsschmerz
von Anna Martens

Bewertet mit 3 Sternen

Inhalt

Jule ist eine selbstständige junge Studentin, die eine kleine Wohnung in München hat und sich von ihren Eltern abzukapseln versucht. Sie hat nicht viele Freunde, träumt aber von der großen Liebe. Als sie Bernd im Internet kennen lernt und dieser sie mit seinen E-Mails in seinen Bann zieht, macht sie sich auf den Weg in die Eifel, um ihren Traumprinzen kennenzulernen. Ihre Mutter, die weder von Bernd noch von der Reise ihrer Tochter etwas weiß, macht sich nach einer Zeit Sorgen und ist sich sicher, dass mit ihrer Tochter etwas passiert ist. Ulrike Ziegler reist nach München und findet eine verwaiste Wohnung vor. Doch bei der Polizei wird sie darauf verwiesen, dass Jule volljährig ist und tun und lassen kann, was immer sie möchte. Nur Anette Kirchgessner, eine Kommissarin, glaubt ihr und macht sich gemeinsam mit der Mutter auf die Suche nach der Studentin.

Cover

Das Cover zeigt auf einem weißen Hintergrund mit schwarzen Sprenklern eine schwarze Feder und den Titel "Engelsschmerz" in Rot. Damit ist das Cover zwar recht schlicht gehalten, finde ich aber für einen Thriller durchaus passend. Man sieht kein unnötiges Schnick-Schnack und erzeugt trotzdem eine irgendwie üble Stimmung.

Das hat mir gefallen

Die Geschichte beginnt gleich mit einem wirklich spannenden Prolog, der zwar anfangs etwas verwirrend wirkt, aber wahrscheinlich war das das Ziel der Autorin. Jule hat im Internet einen Mann kennengelernt, mit dem sie scheinbar genau auf einer Wellenlänge liegt. Doch als Jule dem Mann ein Bild von sich schickt, möchte dieser weder weiterhin Kontakt, noch dass Jule und er sich treffen und schon bekommt man das Gefühl, dass dieser Typ unheimlich ist. Die Autorin schafft es direkt, dass Bernd einem wie ein Serienkiller vorkommt und als Jule dann zu ihm fahren will, schreit alles im Leser danach, die junge Frau zu schnappen und mal durchzuschütteln, um sie zu Verstand zu bringen. Aber es kommt, wie es kommen muss... Dabei wählt Martens einen flüssigen und leichten Schreibstil und erzählt die Geschichte aus vier unterschiedlichen Sichten: aus der von Jule, aus der Sicht der Mutter und der Kommissarin und auch aus der Sicht des Täters. Damit bekommt man sowohl einen Einblick in die Gefühlswelt der Mutter, die sich hilflos und verzweifelt fühlt, in die Gefühlswelt des Täters, in seine Gedanken und Gefühle. Wirklich gut herausgearbeitet war vor allem Jule und wie sie mit ihrer Situation umgeht. Im Nachwort schreibt die Autorin, dass sie mit Hilfe von Natascha Kampusch Eindrücke aus einer solchen Situation gesammelt hat. Und ich finde, dass ihr das wirklich gut gelungen ist. Zwar haben schon andere Autoren die Lage von Geiseln beschrieben, aber so realistisch, wie es Anna Martens darstellte, habe ich es noch nie gelesen. Somit erlebt der Leser parallel, wie die Ermittlungen der Mutter und der Kommissarin laufen als auch wie Jules Gefangenschaft. Zwar konnte ich zu keine der Personen eine richtige Beziehung aufbauen, aber wahrscheinlich war auch das von der Autorin gewollt.

Das hat mir nicht gefallen

An sich mag ich solche Geschichten gerne: da haben wir das Opfer, das etwas blauäugig ist, irgendjemand, der sie sucht (hier haben wir sogar Mutter und Polizei) und schließlich der armen kranken Irren, der für die ganze Sache verantwortlich ist. Die Autorin hat also nicht das Rad neu erfunden, aber trotzdem kann man einen super Thriller daraus machen. Doch leider hatte ich oft das Gefühl, dass die Geschichte auf der Stelle tritt. Die Kapitel wiederholen sich in der Handlung, wirklich was passieren tut nicht. Größter Minuspunkt waren für mich aber die Charaktere, die mir einfach zu blass waren. Jule scheint ein ganz normales Mädchen zu sein, aber als sie sich mit einem Wildfremden treffen will, losfährt und niemandem sagt, wo sie hingeht, was war das? Haben da die Synapsen in ihrem Hirn nicht richtig gezündet oder wie? Klar gibt es naive Menschen, aber im Rest des Buches macht Jule eben gar keinen naiven Eindruck. Auch die Mutter war wenig überzeugend: sie soll zwar eine richtige Beschützermutter zu sein, macht sich aber erst nach Wochen ohne Kontakt zur Tochter mal Sorgen. Am schlimmsten fand ich da aber den Täter, von dessen Beweggründen überhaupt nichts durchsickert. Was war da los, ist der morgens aufgestanden und sich gedacht: "heute ist ein guter Tag zum Mädchen kidnappen?". Außerdem hat mir nicht gefallen, dass das Ende so überstürzt herbei geführt wurde.

Fazit

Bei "Engelsschmerz" handelt es sich um einen durchschnittlichen Thriller mit Höhen und Tiefen, der sich zwar leicht lesen lässt und die Gefühle der Geisel gut rüberbringt. Allerdings war die Ausarbeitung der Charaktere widersprüchlich. Kann man lesen, muss man aber nicht.