Rezension

gefühlvolle Reise in die Welt der Jahreszeiten

Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten - Jennifer Wolf

Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten
von Jennifer Wolf

Bewertet mit 5 Sternen

Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder, den Frühling, den Sommer, den Herbst und den Winter…

Die Göttin Gaia und ihre vier Söhne – Frühling, Sommer, Herbst und Winter – sorgen für Ruhe und Ordnung auf der Erde. Nachdem die Menschheit sich fast selbst zerstört hat, ist dies auch dringend nötig. Damit die Halbgötter nicht ihr gesamtes Dasein einsam sind, wird alle hundert Jahre unter den jungen Hüterinnen eine Frau ausgesucht, die zur Gefährtin der Jahreszeiten wird. Die Auserwählte darf sich selbst für einen der Söhne, die unterschiedlicher nicht sein könnten, entscheiden und verbringt dann wohlbehütet das Jahrhundert an dessen Seite. Eine wahrlich schwierige Entscheidung, die das gesamte Leben verändern wird, vor der nun auch Maya steht.

Maya ist eine bildhübsche Protagonistin, die vom Orden auf das Leben an der Seite der Götter vorbereitet wurde. Die Hüterinnen stehen unter einem besonderen Schutz und müssen als Gegenleistung ihre Aufgaben gewissenhaft erfüllen. Maya ist sympathisch, recht offen und wissbegierig, sie möchte viel entdecken und jeder Jahreszeit eine faire Chance geben, bevor sie ihre Wahl trifft. Und das obwohl ihr Herz schon recht früh vergeben zu sein scheint. Der Leser begleitet Maya bei ihrer herzzerreißenden Entscheidung und dem Leben, das danach auf sie wartet.
Die „jungen“ Männer Sol, Aviv, Jesien und Nevis sind sehr verschieden. Ihr Erscheinungsbild ist dem Wetter und der vorherrschenden Farbe ihrer Welt angepasst. Auch ihre Charaktereigenschaften sind sehr vielfältig. Während der eine sehr zuvorkommend und höflich ist, verhält sich der nächste eher abweisend und kühl. Den ausgewählten Frauen bleibt allerdings nur eine Woche Zeit, die vier Männer gut genug kennen zu lernen, um die richtige Entscheidung zu treffen.

Besonders interessant finde ich auch die Grundidee des Buches, dass es alle einhundert Jahre eine Frau gibt, die die Jahreszeiten besänftigt, begleitet und unterstützt. Je nachdem, für welche Zeit sich die Dame entscheidet, gibt es dann zum Beispiel angenehme Sommer, blütenträchtige Frühlinge oder ertragreiche Herbstmonate. Das Zukunftsszenario der zerstörten Welt, die das Eingreifen der Brüder erst nötig macht, ist zwar erschreckend, aber auch nicht so unwahrscheinlich, wie es zunächst erscheint. Diese Ausgangssituation hat mich sehr nachdenklich gestimmt.

Jennifer Wolfs Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig. Durch die anschaulichen Beschreibungen kann man sich die Umgebung und die Personen gut vorstellen. Viele Passagen sind sehr rührend und bewegend, zwischendurch sind bei mir auch ein paar Tränen geflossen. Neben diesen emotionalen Momenten gibt es jedoch auch viel Spannung und Gefahren, die überwunden werden müssen. Überraschende Wendungen wirbeln dabei Mayas Leben immer wieder ziemlich durcheinander.
Die Ich-Perspektive von Maya bringt sie dem Leser sehr nah. Man erhält umfangreiche Einblicke in ihre Gedanken und ihre Gefühlswelt. Ich habe während des Lesens mit ihr mitgefühlt, gelacht, geweint und viel gehofft, dass sich alles zum Guten wenden wird.
Das Ende der Geschichte ist noch einmal richtig gefühlvoll und überraschend und lässt mich insgesamt zufrieden und ergriffen zurück.

„Morgentau. Auserwählte der Jahreszeiten“ ist eine bezaubernde Geschichte, die sehr ans Herz geht.