Rezension

In erster Linie lang

Der Sommer der Freiheit - Heidi Rehn

Der Sommer der Freiheit
von Heidi Rehn

Bewertet mit 3 Sternen

Eigentlich war ich mir ziemlich sicher, dass mir dieses Buch gefallen muss. Ein dicker Schinken, spannendes Thema und hübsch ich es auch noch.
Leider fand ich es in erster Linie lang.

Es erzählt die Geschichte der jungen Selma, Tochter aus gutem Hause, von 1913 bis 1920. Selma ist jung, verwöhnt und lebenslustig. Eine glänzende Zukunft liegt vor ihr an der Seite des smarten Gero, bis ihr ein französischer Fotograf und der Krieg die Lebensplanung über den Haufen werfen.

Das ist Stoff für eine gute Geschichte, die hier sehr einfühlsam und atmosphärisch erzählt wird. Nur leider verschwindet die Geschichte in der Atmosphäre. Nahezu alles wird ausführlichst beschrieben, die Umgebung, das Wetter, die Architektur, die Straßen, das Interieur, die Mode. Das finde ich grundsätzlich spannend. Man merkt, hier hat jemand liebevoll recherchiert. Wenn aber fast jeder Dialog durch lange Beschreibungen unterbrochen wird, macht es das Lesen zu einer zähen Angelegenheit.
Auch das Prinzip, historische Details dem Leser durch eine lockere Unterhaltung nahe zu bringen, ist grundsätzlich begrüßenswert. Hier passiert es zu oft, wodurch viele Dialoge hölzern, die Protagonisten leblos wirken.
Selma, die die Geschichte tragen müsste, ist unsympathisch. Am Anfang ist sie oberflächlich, dann macht sie eine Wandlung durch, die aber zu plötzlich daher kommt, um nachvollziehbar zu sein.
Schade auch, das Thema Homosexualität wird aufgeworfen, aber nicht wirklich benutzt. Es ist einfach da. Was es aber für Auswirkungen hat, gerade in dieser Zeit homosexuell zu sein, wird nicht weiter behandelt.

Eine drastische Strichfassung dieses Buches wäre sicher eine tolle Lektüre, zumal der Schreibstil sehr schön ist. So war es hauptsächlich lang.