Rezension

Kann den Hype nicht verstehen

Shades of Grey - Gefährliche Liebe - E L James

Shades of Grey - Gefährliche Liebe
von E L James

Bewertet mit 2 Sternen

Ich habe ehrlich gesagt nicht gedacht, dass ich mir den zweiten Band von “Shades of Grey” noch antun würde. Doch leider ist die (momentane) Trilogie wie ein Unfall: Man kann einfach nicht wegschauen.

Da ich doch neugierig war, was mit Ana und Christian noch so passiert, habe ich mich auf den zweiten Band eingelassen und wurde wieder einmal enttäuscht. Ich habe erwartet, dass sich der Schreibstil zumindest ein bisschen verbessert hätte und nicht wieder so viele Wortwiederholungen stattfinden würden, aber Pustekuchen:
E L James bleibt sich treu und schreibt ihre Gedanken einfach so nieder, ohne die Geschichte dabei großartig auszuschmücken, indem sie eine angenehmere Sprache verwendet. Die Sprache ist stellenweise wahnsinnig salopp und noch unangenehmer als im ersten Band.

Die “innere Göttin”, von der Ana ständig spricht, hat mich ja bereits schon im ersten Band enorm gestört, nun ist es noch eine Spur nerviger, denn nun kommt auch noch das Unterbewusstsein zu Wort. Komisch, normalerweise müsste die innere Göttin das Unterbewusstsein sein, aber okay.

Beispiele:
“Jetzt steht er in seiner ganzen nackten Pracht vor mir. Meine innere Göttin springt mit einem dreifachen Salto vom Stufenbarren.”

“Meine innere Göttin stapft, die Arme schmollend verschränkt wie ein Kind, enttäuscht davon.”

“Wieso, frage ich mich, ist er so überrascht, dieser sexy, arrogante Mistkerl? Meine innere Göttin macht im Hintergrund bereits grinsend Lockerungsübungen.”

“Meine innere Göttin klemmt sich eine Rose zwischen die Zähne und legt einen Tango aufs Parkett.”

“Meine innere Göttin katapultiert sich mit der Hochsprungstange geradewegs auf ihre Chaiselongue.”

Neben dem weiterhin recht gewöhnungsbedürftigen Schreibstil sind auch die Charaktere nicht unbedingt gelungen. Ana hat gegen Ende des ersten Bandes oftmals gesagt, dass sie reifer geworden ist, leider merkt man dies an ihrem Verhalten nur nicht. Sie ist anstrengend – und das nicht zu knapp. Sie sagt immer wieder, dass sie keine SUB ist, ist Christian aber sowas von hörig, dass es schon fast weh tut. Neben ihrer inneren Göttin nervt sie auch mit ihrer Art und Weise, wie sie mit Christian umgeht. Mal versucht sie ihn zu bemuttern, mal belehrt sie ihn und auch sonst kauf ich ihr ihre angebliche Liebe zu Christian nicht ab. Schwärmerei ja – aber keine Liebe. Das merkt man schon allein daran, dass sie immer nur sein Aussehen und die schüchterene Art lobt, ansonsten bezeichnet sie Christian gerne als “abgefuckt”.
Auch Christian entwickelt sich leider nicht gut. Ich fand ihn im ersten Band noch sehr interessant, zumindest interessanter als Ana. Man merkt schnell, dass seine dominante Art und die Gleichgültigkeit, die er ausstrahlt, oftmals nur Fassade sind. Im zweiten Band erfährt man mehr aus seiner Vergangenheit, die oftmals sehr traurig war. Allerdings fand ich die Auflösung, wieso all seine Frauen immer der gleiche Typ waren, leider recht schwach. Bei Ana wird er zum schüchternen, unsicheren Softie, der ständig ungläubig schaut und dümmlich durch die Gegend grinst. Es ist zwar schön, dass man auch mal eine andere Seite von ihm kennen lernt, aber so eine starke Veränderung empfinde ich innerhalb von einem Zeitraum von fünf Tagen als sehr unrealistisch.

Die Nebencharaktere sind einigermaßen gelungen. Ich mag Christians Schwester Mia sehr gerne, auch wenn sie ab und zu recht aufdringlich erscheint. Mrs. Robinson könnte auch noch interessant werden, allerdings ist sie mir bislang noch zu undurchsichtig, sodass ich nicht wirklich das Gefühl habe, sie nur ansatzweise zu kennen. Ein Highlight ist Taylor, Christians ‘Mädchen’ für Alles, der sehr sympathisch und loyal wirkt.

Vollkommen absurd sind auch einige Handlungsstränge. Es heißt immer, dass Christian und Mrs. Robinson gute Freunde sind, wenn ich mir aber manche Gespräche und Taten der beiden Charaktere anschaue, kann ich nur müde lächeln, denn da wird groß geschworen und klargestellt, obwohl da im Prinzip nur eine Zweckgemeinschaft vorhanden ist. Auch die Emails, die mich im ersten Band noch aufgrund ihrer Lockerheit überzeugen konnten, wirken mittlerweile nur noch erzwungen. Christian droht Ana ständig, kontrolliert sie, verlangt die Benutzung des Blackberrys und wirklich in Ruhe lässt er sie zu keiner einzigen Zeit. Kaum hat sie einen Job im Verlag, der ihr Spaß macht, kauft er einfach diesen, um ihr angeblich noch näher zu sein. Obwohl dies in Wirklichkeit nur der Kontrolle dient, macht ihr dies nicht einmal wirklich etwas aus.
Auch die Stalkermomente wirken vollkommen deplatziert. Natürlich musste sich mal eine alte SUB melden, aber musste es gleich mit Reifen aufschlitzen, Pistolen und Einbruch sein? Ein bisschen weniger wäre hier deutlich mehr gewesen.

Wirklich schön ist jedoch die Covergestaltung. Zwar hat mir das Cover vom ersten Band auch schon gefallen, aber dieses ist sinnlicher und die Farben gefallen mir besser. Eine gute Entscheidung vom deutschen Verlag, sich nicht auf die Originalcover einzulassen.

Insgesamt ist auch der zweite Band von “Shades of Grey” eine Enttäuschung, dennoch werde ich den dritten Band ebenfalls lesen, da es – wie gesagt – wie ein Unfall ist: Man kann einfach nicht wegschauen. Empfehlenswert nur für Leser, die Ana und Christian auch in den unmöglichsten und weichgespültesten Momenten treu bleiben wollen.