Rezension

Runde 4

Schatten - Ursula Poznanski

Schatten
von Ursula Poznanski

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt
In Salzburg werden binnen kürzester Zeit die Leichen eines grausam zugerichteten Mannes und einer ertränkten Hebamme gefunden. Beatrice ist überzeugt, dass die beiden Morde eine Verbindung zueinander haben - und schlimmer noch - auch zu ihr selbst. Denn Bea kannte die beiden Opfer von früher. Als ein weiterer Bekannter von Bea tot aufgefunden wird, weiß sie, dass sie schnell handeln muss, wenn sie weitere Morde verhindern will - und dass sie noch tiefer in ihrer Vergangenheit graben muss, als ihr lieb ist.

Meine Meinung
Der Einstieg in die Handlung kreiert schon die richtige Atmosphäre für einen Thriller. Wie für die Kaspary-Reihe üblich beginnt der Roman mit der Tat selbst, die in diesem Fall aus der Sicht des Mörders geschildert wird. Allerdings wird dabei - logischerweise - dessen Identität verschleiert. Für mich persönlich ist so ein direkter Einstieg gelungen, denn dadurch bin ich a) neugierig und werde b) gleich in die passende Stimmung versetzt. Die Handlung, die sich auf den folgenden Seiten entfaltet, zählt für mich zu den stärksten der Kaspary-Reihe. Der Fall war diesmal doppelt interessant, weil er einen persönlichen Bezug zu Bea hat. Endlich kommt Licht ins Dunkel, was vor sechzehn Jahren mit ihrer besten Freundin Evelyn passiert ist. Vorher wurde dieses prägende Ereignis immer nur knapp erwähnt, aber nicht umfassend beleuchtet, da der Mord ungeklärt geblieben ist. Schon in den vorigen Bänden hätte ich gerne mehr dazu erfahren und nun ist dieser Wunsch endlich in Erfüllung gegangen. Ich kann jetzt nicht unbedingt behaupten, dass das Bild, das Poznanski von Evelyn gezeichnet hat, zu einem positiven Charakterurteil meinerseits geführt hat. Evelyn war, gelinde gesagt, eine fordernde, anstrengende, egozentrische Drama-Queen, zumindest geht das aus dem Tagebuch hervor, das sie geführt hat. Ich muss wohl nicht extra betonen, dass ich solche Menschen lieber meide. Dass Bea zu ihren besten Freunden zählte, ist aus jetziger Sicht nicht ganz nachvollziehbar, da ich mir einfach nicht vorstellen kann, wie die beiden miteinander auskommen sollten. Aber Bea war damals einfach ein anderer Mensch. Ich fand es sehr aufschlussreich, in Erfahrung zu bringen, wie Bea als Studentin war. Die aktuelle Mordserie hängt also mit jener Tragödie von damals zusammen, so viel wird Bea recht schnell klar, und auch, dass der Verantwortliche ein intelligenter, mit Kalkül vorgehender Irrer ist, der gerne Psychospielchen mit seinen Opfern spielt. So sehr ich im wahren Leben solche Menschen verabscheue, so muss ich natürlich gestehen, dass sie sich in einem Thriller als "perfekte" Gegner erweisen. Schließlich brauchen die Ermittler ja eine Herausforderung. Bei keinem der vorigen Teile habe ich so stark mitgerätselt, wer der Täter ist, wie hier und ich muss sagen, dass meine Kombinationen und Schlussfolgerungen gar nicht mal so verkehrt waren. Ich war mir allerdings auch bis zuletzt nie hundertprozentig sicher, ob ich mit meinen Vermutungen richtig lag. Genau das hat den Roman so unglaublich fesselnd gemacht. Man erhält die einzelnen Hinweise am Tatort, liest die kryptischen Tagebucheinträge von Evelyn mit und wird quasi in die Schlussfolgerungen des LKA bzw. denen von Bea eingeweiht, wodurch man ihre Gedankengänge gut nachvollziehen kann. Aber in den entscheidenden Momenten, sprich: wenn gerade wieder etwas Schlimmes passiert oder es um den konkreten Namen des Mörders geht, wechselt entweder die Szenerie oder Poznanski enthält einem die Information vor. Man fühlt sich der Lösung zum Greifen nah, aber kann sie doch nicht fassen. Ich war wirklich versucht, bis zum Schluss zu blättern, konnte mich aber gerade noch beherrschen - ein gutes Zeichen! Allerdings hätte das Finale noch ein bisschen spektakulärer ausfallen dürfen.
Abgesehen vom Fall selbst bereitet auch Beas Privatleben ihr allerhand Probleme, denn - oh Wunder! - Armin ist nicht über Nacht zu einem einfühlsamen, verständnisvollen und sich vernünftig verhaltenden menschlichen Wesen geworden. Er zickt Bea an, wann immer er kann, und hetzt sogar die Kinder gegen sie auf. Damit treibt er mich noch immer zur Weißglut, daran haben auch die Ereignisse in diesem Band nichts geändert, wenngleich ich gegen Ende ein klein wenig Mitleid mit ihm bekommen habe. Auch ihre gemeinsame Tochter Mina hat bisweilen aufgrund ihrer Kaltschnäuzigkeit und ihren vor Sarkasmus triefenden Kommentaren an meinen Nerven gezehrt, was auf Dauer sehr anstrengend beim Lesen war. Erfreuter war ich aber umso mehr, dass - trotz der wideren Umstände - die Beziehung von Bea und Florin einen Satz nach vorne gemacht hat. Sie bringt immer ein wenig Licht in die Düsternis. Man durfte sogar einen Abstecher in Florins Gedankenwelt machen, was eine nette Abwechslung war.

Fazit
Meiner Meinung nach ist "Schatten" der beste Teil der Kaspary-Reihe. Die persönliche Involviertheit von Bea, die gut portionierten Hinweise sowie das gewiefte Vorgehen des Mörders, dessen Identität bis zum Schluss nicht aufgedeckt wird, haben dafür gesorgt, dass das Spannungslevel immer relativ hoch geblieben ist und ich entsprechend gefesselt war.