Rezension

außergewöhnliche Thriller-Komposition mit kleinen Mängeln

Sommernacht
von Lucy Foley

Bewertet mit 4 Sternen

beginnt leider langsam und etwas zäh, steigert sich aber zum Schluss hin rasant und die Auflösung hat mich total überrascht!

Eine Hochzeit zweier bekannter Persönlichkeiten auf einer einsamen irischen Insel. Ruinen, ein alter Friedhof und ein gefährliches Moor. Ein starker Sturm und eine Leiche.

Meine Meinung:
Diese Geschichte hat mich vom Aufbau überrascht, denn einen Thriller in dieser Art las ich noch nie: geschrieben aus Sicht von 5 wichtigen handelnden Personen (die Braut Jules, deren Brautjungfer und Halbschwester Olivia, die Frau ihres Trauzeugen Hannah, der Trauzeuge des Bräutigams Johnno und die Hochzeitsplanerin Aoife) jeweils in ich-Form in der Vergangenheit; dazwischen kurze Einschübe der Handlung in der Gegenwart (der Abend der Hochzeit); und wer die Leiche ist (und somit der Mörder) löst sich erst kurz vor Schluss auf.
Der Schreibstil aus der wechselnden Perspektive von 5 Personen in ich-Form machte mir das Lesen anfangs schwierig, obwohl ich Erzählungen aus verschiedenen Sichtweisen mag. Doch hier musste ich immer nachdenken, aus welcher Sicht man nun die Dinge erfährt und hatte die Personen oft verwechselt.
Im ersten Drittel werden diese Charaktere ausführlich vorgestellt und viele Geheimnisse nur angedeutet. Nach und nach erfährt man alles aus deren Vergangenheit, die Geheimnisse und spürt die Spannungen zwischen den einzelnen Personen. Somit beginnt die Geschichte erst langsam und etwas zäh, und nimmt dann gegen Schluss aber rasant an Fahrt auf.

Die Autorin schafft es wunderbar, die Insel und deren Landschaft, sowie die stürmischen Gezeiten anschaulich darzustellen, sodass man die Insel samt Folly, Klippen, Ruinen, Friedhof und Moor in seinem Kopf bildlich auferstehen lassen kann. Auch die Beschreibung des herannahenden Sturms war so anschaulich, dass ich mich beim Lesen wirklich unwohl gefühlt habe.

Es gab viele Plottwists und Entwicklungen, die angedeutet wurden, deren Auflösung am Schluss mich dann jedoch überrascht haben. Das hat die Autorin wirklich gut gelöst, und die verschiedenen Perspektiven von genau diesen Personen machen auch Sinn, trotzdem war mir das gerade in der ersten Hälfte zu anstrengend zu lesen. Und die ganze Hochzeitsgesellschaft ging mir auf die Nerven - das sind verwöhnte Internatsschüler, mittlerweile erwachsene Menschen Mitte 30 und alle - wirklich alle - besaufen sich ohne Grund und Boden?! Sie verhalten sich kindisch, veranstalten Trinkspiele, erwähnen immer wieder, wie die Schule sie geprägt hat und kommen immer wieder auf "das" Spiel, das alle Neulinge über sicher ergehen lassen musste, zu sprechen: Survival. Aus dem der Bräutigam Will Profit geschlagen hat, weil er das nun in einer Fernsehshow vermarktet hat.
Die Haltung von Olivia konnte ich oft nicht nachvollziehen und auch der oft nur angedeutete Junggesellenabschied war so eine Sache, die mir gegen den Strich ging.

Obwohl sich nach einiger Zeit durch die Beschreibung der Charaktere schon herauskristallisiert hat, wer die Leiche ist, gab es dennoch weitere mögliche Kandidaten.
Und auch für den Mörder stellt die Autorin mehrere Personen zur Auswahl - jede davon hätte einen guten Grund gehabt, zu morden. Die Auflösung, die Offenbarungen, die sich dann noch ergeben haben und der Plottwist war genial gelöst! Es gab immer wieder Hinweise, dich ich jedoch leider nicht richtig zuordnen konnte. Auch wenn es vielleicht ZU viele Zufälle gab, wie die Verbindung zwischen den Charakteren hergestellt wird, wurde ich sehr gut unterhalten und war von der Auflösung positiv überrascht!

Fazit:
Geniale außergewöhnliche Thriller-Komposition, die langsam und leider etwas zäh beginnt, aber zum Ende rasant an Fahrt aufnimmt mit einem überraschenden Plottwist!