Rezension

Das Wien der einfachen Leute – eine warmherzige Milieubeschreibung!

Das Café ohne Namen
von Robert Seethaler

Bewertet mit 4 Sternen

Das Wien ab 1966 wird stimmungsvoll beschrieben und die Hauptfigur Robert Simon über mehr als zehn Jahre begleitet in seiner Tätigkeit als Pächter einer alten Gaststätte am Marktplatz. Sehr einfühlsam wird das Leben der Anwohner, Leute aus dem ärmeren sozialen Milieu und Markthändler oder Mädchen aus der nahe gelegenen Fabrik und manchem  Arbeiter, teils mit Rückblicken beschrieben. Diese allzu menschlichen, teils melancholischen Beschreibungen der Menschen in ihren teils schweren Lebenssituationen lassen den Leser tief in das Milieu und die teils traurige Grundstimmung gleiten. Einzelne Porträts schätzen diesen gemütlichen, ja menschlichen Ort als ihre lebenswichtige Anlaufstelle besonders zum Miteinander-Reden, während sich drum herum bauliche Modernisierungen breit machen. Mit dem Einsturz der Reichsbrücke 1976 ist das alte Österreich endgültig vorbei, nur in Erinnerungen fühlen sich besonders ältere Menschen noch heimisch. Das warmherzige Miteinander gefällt – ein Lesegenuss!