Rezension

Kaffeehausatmosphäre in Wien

Das Café ohne Namen
von Robert Seethaler

Bewertet mit 4 Sternen

Robert Simon wurde wahrlich nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren.

Der Vater verstarb im Krieg, die Mutter drei Monate später an einer Blutvergiftung und der junge Robert wuchs in einem Heim für Kriegswaisen auf.
Mit fünfzehn verließ er die Schule, fand ohne Schwierigkeiten verschiedenen Arbeitsstellen und lebte in einem Wohnheim der Volkshilfe, bis er eines Tages ein Zimmer bei einer Kriegerwitwe fand.

Kurz nachdem er bei der Witwe eingezogen war, ergab sich für Robert die Gelegenheit ein Café zu eröffnen und er ergriff diese Gelegenheit beim Schopf.
Einen Namen fand er für sein Café aber nicht, so dass es eben das Café ohne Namen blieb.

Nach und nach erlebt man als Leser:in dann mit, wie das Café ein Treffpunkt vieler einfacher Menschen wird. Seethaler erzählt deren Lebensgeschichten, erzählt von ihren Ängsten, Sorgen und Nöten und so entsteht nach und nach in der dem Autor eigenen, ruhigen Erzählweise ein plastisches Bild vom Wien der sechziger Jahre.

Das Café ohne Namen ist ein ruhiges, sehr poetisch geschriebenes Buch, mit einem ganz eigenen Charme, dass und mir einige sehr schöne Lesestunden beschert hat.

Einziger Kritikpunkt ist vielleicht, dass so ein bisschen ein roter Faden gefehlt hat, denn die einzelnen Kapitel waren gleich einem Episodenroman hintereinander gereiht, ohne dass die meisten der in den Kapiteln agierenden Figuren mir wirklich im Gedächtnis geblieben sind.

Das ist mit Sicherheit ein gutes Stilmittel, um die Vielzahl der Menschen, die ein Café besuchen und die Flüchtigkeit so eines Besuches zu beschreiben, hat mich aber nach der Hälfte des Buches etwas ermüdet.

Trotzdem ein sprachlich sehr gutes Buch und von mir eine klare Leseempfehlung.