Rezension

Deutliche Steigerung zum ersten Teil, aber leider keine richtig sympathischen Charaktere

Signum -

Signum
von John Ajvide Lindqvist

Bewertet mit 4 Sternen

Den Vorgänger „Refugium“ habe ich erst vor Kurzem gelesen. An ihn war ich mit deutlich zu hohen Erwartungen gegangen, empfand etliche Längen und die Geschichte im Gesamten zwar nicht schlecht, aber auch nicht wirklich rund. Dennoch war sie für mich immer noch interessant genug, um wissen zu wollen, wie es mit dem ungleichen Paar Kim und Julia weitergeht und auch der Cliffhanger am Ende verfehlte seine Wirkung auf mich nicht. Da ich auch die Fortsetzung von NetGalley als Rezensionsexemplar erhalten hatte, konnte ich „Signum“ noch vor dem offiziellen Erscheinungstermin auf meinem Kindle lesen.

Kim möchte verstehen, warum es Menschen Befriedigung verschafft, Kinder oder Jugendliche zu quälen und begibt sich dabei auf ein sehr gefährliches und auch keinesfalls legales Terrain. Julia hat nach einer weiteren Sinnkrise sowie einem Gespräch mit Irma die erste Idee für ein neues Buch und beginnt mit Recherchen zu einer rechtsextremen Partei, deren Mitglieder auch im kriminellen Milieu keine unbeschriebenen Blätter sind.

Plötzlich gerät alles schwer aus den Fugen. Astrid sieht rot und bringt Kim damit in ernsthafte Schwierigkeiten. Julia wird wegen ihrer Recherchen bedroht und macht kurz darauf eine Entdeckung, die sie zwingt, sich zwischen Gesetzestreue und Kim zu entscheiden. Wird sie helfen, die aus dem Ruder gelaufene Misere zu vertuschen?

Diesmal ging ich mit deutlich niedrigeren Erwartungen an die Geschichte heran, denn ich wusste ja inzwischen, dass diese Mittsommer-Reihe von Lindqvist für mich nicht an die noch von Stieg Larsson verfassten Teile der Millenium-Reihe (die Fortsetzungen von den anderen Autoren habe ich nicht gelesen) herankommt. Den Angang fand ich, trotz gewissen Assoziationen zu einer Szene aus Stieg Larssons Werk, dann auch sehr spannend. Im Gegensatz zum Vorgänger hatte ich diesmal dann jedoch nicht das Gefühl, dass es spannungstechnisch zu sehr kippte. Leichte Längen empfand ich zwar auch hier wieder, war von diesen aber nicht so sehr genervt, wie es im ersten Teil der Fall war.

Obwohl die Themen Kindesmisshandlung und Rechtsextremismus, die in diesem Thriller mitbehandelt werden, nicht neu sind, halte ich deren Anprangerung nach wie vor für sehr wichtig, so, dass ich das nicht als störend empfand. In einen Zwiespalt geriet ich allerdings, als die Sache mit Martin Rudbeck aus dem Ruder lief. Mitgefühl konnte ich dem Schockdoktor zwar nicht entgegenbringen. Da ich aber auch nicht wirklich ein Fan von Selbstjustiz bin, haderte ich an dem Punkt schon ein bisschen damit. Dennoch schlug ich mich gedanklich dann doch auf die Seite von Kim, Julia und Astrid, weil ich Kim, wohl aufgrund seiner Vorgeschichte, von allen handelnden Charakteren irgendwie immer noch am meisten mag und auch die Ermittler der Stockholmer Polizei für mich keine wirklichen Sympathieträger sind.

Das Schaffen von Solchen, die man – egal was sie tun – versteht und denen man alles verzeiht, scheint dem Autor nicht besonders gut zu liegen. Ich mag Kim zwar immer noch irgendwie, aber sein Vorgehen kam mir oft recht dilettantisch vor und, dass ihm das nicht zum Verhängnis wurde, hatte nichts mit seiner eigenen Cleverness zu tun. An Julias Figur nervt mich das ständige Selbstmitleid noch immer und irgendwie kann ich ihr auch nicht abnehmen, dass sie mal eine gute Polizistin gewesen sein soll. Mit Astrid werde ich auch nicht wirklich warm. Selbst die mir im ersten Teil so gut gefallende Irma, hat für mich einiges an Reiz verloren, weil die Szenen mit ihr sich für mich inzwischen irgendwie immer wiederholten.

Die ganze Vertuschungsaktion und das Katz- und Mausspiel mit den Ermittlern fand ich dann trotzdem ganz unterhaltsam. Im Vergleich zu vielen anderen von mir gelesenen Schwedenkrimis, schneidet „Signum“ nicht schlecht ab und zu „Refugium“ sehe ich eine deutliche Steigerung. Auch wenn dieser erste Teil bei mir nicht ganz so gut wegkam, denke ich, dass man ihn für das gänzliche Verstehen von Teil 2 vorher gelesen haben sollte. Ich selbst werde nächstes Jahr sicher auch noch den Abschluss der Trilogie „Elysium“ lesen, denn ich möchte schon wissen, ob die Ereignisse dieses Teils den drei Hauptfiguren nicht doch noch auf die Füße fallen und vor allem wer oder was dieser Super-Hacker Ces ist.