Rezension

Ein erschütterndes Thema

Der dreizehnte Mann -

Der dreizehnte Mann
von Florian Schwiecker

Bewertet mit 5 Sternen

Rocco Eberhardt und Dr. Justus Jarmer ermitteln wieder. (Wer den ersten Band nicht gelesen hat, wird sich ähnlich wie bei einem Tatort mit der Handlung dieses Buches zurechtfinden, aber die handelnden Protagonisten haben eine Vorgeschichte und diese in der richtigen Reihenfolge zu lesen, dürfte interessant sein und das Verhältnis der Protagonisten zueinander besser darstellen.

Rocco Eberhardt ist überrascht, als die Journalistin Anja Liebig und Timo Krampe bei ihm in der Kanzlei auftauchen und um Hilfe bitten. Immerhin ist er Strafverteidiger, wie soll er da helfen, einen Vermissten wiederzufinden? Doch schnell stellt sich heraus, es steckt viel mehr dahinter: Timo Krampe und der verschwundene Jörg Grünwald waren dabei, der Journalistin ein brisantes Interview zu geben. Dieses sollte das Granther-Experiment aufdecken. Ein Experiment, dass etliche Kinder und Jugendliche in den Missbrauch getrieben hat. Das dies politische Folgen haben und für ordentlich Medienrummel sorgen würde, ist hierbei fast nebensächlich, als eine Wasserleiche auftaucht. 

Wer hatte dieses Experiment zu verantworten? Welche Existenzen sind betroffen? Wer hat nach all den Jahren, das Motiv, Jörg Grünwald zum Schweigen zu bringen und ist Timo Krampe auch in Gefahr?
Der Schreibstil ist wie bereits im Vorband mit knappen temporeichen Kapiteln gespickt. Wie bei den einschlägigen Krimiserien, in denen Ermittler und Justizbehörden Hand in Hand arbeiten, geht der „Spielball“ hin und her. 

Obwohl die Ermittlungsarbeit (bis auf die Obduktion, in der natürlich ganz „Tsokos like“ sofort das Unterhautfettgewebe erwähnt wird) recht klassisch durch Wälzen von Akten und Fakten vorgenommen wird, ist die Spannung packend. Dies liegt hauptsächlich an dem bewegenden Thema, das den Hintergrund des Falles für Eberhardt und Jarmer gibt. Denn nicht nur Dr. Justus Jarmer ist engagiert im Kinderschutz. Wer Michael Tsokos schon länger folgt und ihn auch bereits bei Lesungen erlebt hat, weiß, dies ist ein Thema, das ihn nicht nur als Rechtsmediziner, sondern auch als Vater sehr wichtig ist. Dieses Engagement liest man auch aus dem Engagement der Protagonisten heraus. Doch Eberhardt und Jarmer sind nicht allein, sie bekommen nun auch Unterstützung durch die Staatsanwältin Claudia Spitzer und einen Freund von Jarmer, Carlo Holland. Damit wird das „Team“ ordentlich aufgestockt und könnte damit mit neuen Fällen durchaus gestärkt weitermachen.

Das Buch ist angelehnt an das tatsächlich stattgefundene „Kentler-Experiment“ und hat mich tatsächlich etwas fassungslos zurückgelassen. Ich vergebe volle Punktzahl, da mich das Buch mitgerissen und bewegt hat. 

Nach diesem Buch hatte ich das Bedürfnis mehr zu erfahren und nahm das Buch von Michael Tsokos und Saskia Guddat „Deutschland misshandelt seine Kinder“ zur Hand. Das Buch steht tatsächlich angefangen seit der Leipziger Buchmesse 2014 in meinem Regal, weil ich damals nicht die Nervenstärke hatte, es zu beenden. Rezension hierzu folgt demnächst.