Rezension

Ein unglaubliches Experiment

Der dreizehnte Mann -

Der dreizehnte Mann
von Florian Schwiecker

Bewertet mit 4 Sternen

Im Rahmen eines Experimentes eines Sozialpädagogen wurden über 30 Jahre lang Jugendliche und Pflegekinder aus zerrütteten Familien von Berliner Jugendämtern in die Obhut von pädophilen Männern gegeben. Dazu gehörten auch Timo Krampe und Jörg Grünwald, die nach mehreren erfolglosen Versuchen, ihre Geschichte öffentlich zu machen und Wiedergutmachung zu erlangen, sich an die Journalistin Anja Liebig wenden. Doch Jörg Grünwald verschwindet spurlos - und taucht nach einigen Tagen als Wasserleiche wieder auf. Liebig und Krampe wenden sich an den Rechtsanwalt Rocco Eberhardt, der zusammen mit seinen Freunden, dem Rechtsmediziner Justus Jarmer und dem Privatermittler Tobias Baumann schon bald zahlreiche Hinweise finden, dass der hochrangige Politiker Markus Palme dieses Experiemt gefördert hatte und es stellt sich die Frage, ob er auch bei dem Mord an Grünwald seine Hände im Spiel hatte .... Eine aufsehenerregende Gerichtsverhandlung bringt Überraschendes zu Tage.

Mit "Der dreizehnte Mann" legen der Berliner Strafverteidiger Florian Schwieker und der Professor für Rechtsmedizin Michael Tsokos bereits ihren zweiten Titel um - Achtung: Duplizität! - den Rechtsanwalt Rocco Eberhardt und den Rechtsmediziner Justus Jarmer vor. Es ist für das Verständnis dieses Falles nicht zwingend nötig, den ersten Band zu kennen; da es jedoch zahlreiche Anspielungen und Verweise gibt, könnte es hilfreich sein.

Die Schreibweise ist geprägt von der Sachkenntnis und dem juristischen Stil der Autoren. Die Kapitel sind allesamt sehr kurz und jeweils überschrieben mit Ort und Zeit der Handlung, was meiner Meinung nach insgesamt etwas zu genau ist. Und auch die Schreibweise ist kurz und knapp und auf das Wesentliche beschränkt, was gut zum Thema passt, manche Fragen für mich jedoch offen ließ.

Anfangs hatte ich ein wenig Mühe, mich in den Stil hineinzufinden, wurde aber mehr und mehr von der Geschichte gepackt und diese wurde doch noch spannend. Obwohl von Anfang an eigentlich kein Geheimnis um den wahren Schuldigen an den widerlichen Experimenten gemacht wurde, gab es dennoch eine einigermaßen überraschende Wendung im Prozess am Ende.

Mit dem Wissen, dass es dieses unfassbare Experiement tatsächlich gegeben hat und so vielen Kindern von Jugendämtern dadurch schwerstes Leid zugefügt wurde, ging mir dieser Krimi besonders unter die Haut und ich denke, dass mich diese Geschichte noch lange beschäftigen wird, auch wenn die (fiktiven) Figuren dieses True-Crime Buches ein wenig blass blieben hinter dem Fall.

Und wer sich nun fragt, was der Titel zu bedeuten hat:
Dies ist der Fall des dreizehnten Mannes - denn nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation ist jeder 13. Junge und jedes 5. Mädchen weltweit von Missbrauch betroffen!

Trotz einiger Kritikpunkte vergebe ich 4 Sterne und eine klare Leseempfehlung. Das unerträgliche Handeln der Jugendämter verdient, in die Öffentlichkeit getragen und Kinder geschützt zu werden.