Rezension

Eine absolute Wohlfühlgeschichte

Wie Träume im Sommerwind -

Wie Träume im Sommerwind
von Katharina Herzog

Bewertet mit 5 Sternen

Seit sie denken kann wollte Emilia Jung raus aus der Enge der Insel Usedom, weg vom Rosenhof ihrer Eltern, raus aus dem kleinen Ort Zinnowitz, wo sie von jedem der Bewohner die Biografie herunter leiern könnte. Sie hatte es geschafft. Hatte einen der äußerst begehrten Plätze auf der Schule für Parfümeure in Paris bekommen – und war gescheitert. Jetzt jobbt sie im Bahnhofsbistro des Gare du Nord um sich ihr Leben in Paris weiter leisten zu können.

Ihre Eltern Delia und Thees und ihre 3 Jahre ältere Schwester Clara mit ihren beiden Kindern leben weiterhin in Zinnowitz auf Usedom, wo sie immer noch den Rosenhof betreiben. Als Clara nach einem Autounfall im Koma liegt, kommt Emilia zurück nachhause. Aus einem Brief, den Clara ihr für den Fall der Fälle zusammen mit einer Patietenverfügung hinterlassen hat, erfährt sie, dass sie sich um die Kinder Lizzy und Felix kümmern soll. Nebenbei erfährt sie auch, dass es mit der Ehe ihrer Eltern nicht zum besten steht und dass der von allen geliebte Rosenhof knapp vor der Pleite steht. Bei Claras Unterlagen findet sie außerdem ein Flugticket nach Kent und einen Briefumschlag aus England mit einer Karte, auf der eine Rose abgebildet ist – „The Beauty of Claire“. Von Schwester Emma auf der Intensivstation und auch in der Schule hat Emilia einiges über die Wirkung von Düften auf Komapatienten gelernt und erfahren. Kurzentschlossen macht sie sich mit Claras Tochter Lizzy auf die Reise nach England. Josh, der beste Freund Claras und Emilias große Liebe, reist den Beiden hinterher…

Für mich ist es das erste Buch, das ich von Katharina Herzog lese und ich bin restlos begeistert. Von ihrem emotionalen, gefühlvollen Schreibstil; von ihren Vergleichen, die sofort mein Kopfkino anschalten; von der Art und Weise, wie sie die beiden Zeitebenen 1999/2003 und heute zusammenführt. Ich hatte das Gefühl mittendrin zu stehen in den traumhaft schönen Gärten von Kent. Ich war als stille Teilnehmerin beim Tag der offenen Tür auf dem Rosenhof dabei und ich meine die salzige Luft der Ostsee auf den Lippen schmecken zu können. Vor allem auch, wie sie ihre Figuren anlegt.

Die beiden so unterschiedlichen Schwestern Emilia „Millie“ und Clara. Millie, die von klein auf Unangepasste, Eigenwillige und Wilde kümmert sich rührend um ihre Nichte und ihren Neffen und zeigt sehr viel Empathie. Clara, die Wunderschöne, die Sportliche, allseits Beliebte, die Vernünftige, die Supergenaue, die alle Fäden in der Hand hält und bei der alles bis auf´s I-Tüpfelchen stimmen muss. Die aber hier erst mal im Koma auf Andere angewiesen ist. Lizzy, die ihrer Tante in so vielen Dingen gleicht und deren Selbstvorwürfe mich tief getroffen haben. Es gibt so viele kleine Szenen, die ans Herz gehen und mich berührt haben. Missverständnisse, die dann doch noch alle ausgeräumt werden. Geheimnisse, die gelüftet werden und zwei Männer, bei denen ich wahrscheinlich, so wie sie hier beschrieben werden, auch schwach geworden wäre.

Dazu die Beschreibungen der verschiedensten Rosen, deren Duft ich in der Nase habe und an die ich mich bestimmt erinnern werden, wenn meine im Garten bald blühen.

Sehr gut gefallen mir die Innenseiten der Coverklappen. Vorne bekomme ich einen kleinen Einblick auf die Insel Usedom und im hinteren Teil finde ich eine Personenaufstellung der wichtigsten Charaktere.

Ein absoluter Wohlfühlroman zum Träumen, zum Nachdenken, zum Mitfiebern und mit sehr viel Gefühl.