Rezension

Eine phantastische Geschichte in fünf Aufzügen

Der Nachtzirkus - Erin Morgenstern

Der Nachtzirkus
von Erin Morgenstern

Bewertet mit 3 Sternen

Ein Zirkus nur in schwarz-weiß – und doch voller Farbe, Träume und Illusionen. Hier gibt es sogar „echte“ Magier, so wie Celia. Wenn ihr eine gefüllte Teetasse aus der Hand fällt und zerbricht, dann ist das kein Malheur, denn sie fügt alles wieder zusammen und sogar die Flüssigkeit landet wieder im Gefäß. Seitdem ihr Vater das entdeckt hat, bereitet er sie auf einen Wettkampf vor. Woraus der besteht, bleibt lange im Ungewissen.

Ebenso wie die Entstehung des Zirkusses. Ein wahres Durcheinander an Personen und Zeiträumen hat mich im ersten Teil des Buches eher verwirrt als begeistert. Dazu kam der abgehakte, in meinen Augen emotionslose Schreibstil der Autorin: „.. wirkt der Mann im grauen Anzug fehl am Platz. Sein Anzug ist streng geschnitten. Der Griff seines Gehstocks unter den makellosen Handschuhen ist blank poliert. Er stellt sich vor, aber die Schulleiterin vergisst seinen Namen augenblicklich ...“ Auch ich habe viele Namen gleich wieder vergessen und keinen Zusammenhang gefunden.

Erst im zweiten Teil des Buches nach über 100 Seiten begriff ich die Entstehungsgeschichte des Zirkusses. Beim Anblick der schwarz-weißen Zelte und Kostüme kamen Emotionen auf. Liebevoll wurden die Ausstattung sowie einzelne Darbietungen beschrieben. Da fühlte ich mich gleich wie die erwähnten Zirkusliebhaber: sie „haben ein Auge für die Details im Gesamtkunstwerk. Sie sehen die Finesse der Kostüme, die Raffiniertheit der Schilder. Die Zuckerblumen, die sie kaufen, essen sie nicht, sondern wickeln sie in Papier und nehmen sie vorsichtig mit nach Hause. Sie sind Enthusiasten, Verehrer, Süchtige. Der Zirkus hat etwas an sich, das ihre Seelen berührt und nach dem sie sich sehnen, sobald er fort ist.“ In diesen Abschnitten werden Träume wahr. Aber sie sind vergänglich – ebenso wie der Zirkus, der ganz plötzlich und ohne Vorankündigung auftaucht und wieder verschwindet. Nur nachts finden Vorstellungen statt, denn die Dunkelheit ist als Gegensatz zur hellen Erleuchtung nötig ...

Was mir das Buch etwas verleidete, waren die häufigen Zeitsprünge zwischen 1873 und 1903. Sie unterbrachen die Träumerei und verstießen mich als Leser immer wieder aus dieser Traumwelt. Es fiel mir schwer, den zahlreichen Geschichten, die sich mehr oder weniger nebeneinander entwickelten, zu folgen. Auch die angekündigte Liebesgeschichte erreichte mich nicht.

Fazit: Weniger wäre mehr gewesen. Aber wer liest schon Sachbücher über den Zirkus? Also musste die Phantasy-Autorin eine Geschichte einflechten, damit das Ganze zu einem Roman wurde. Der ist ganz nett zu lesen, aber überwältigend ist etwas anderes.