Rezension

Epidemie apokalyptischen Ausmaßes

Die Berufene - M. R. Carey

Die Berufene
von M. R. Carey

Als sich der Pilz verbreitete, der Menschen in Hungernde verwandelte, war es bereits zu spät, um ihn aufzuhalten. Wer gebissen wurde, war infiziert und verwandelte sich innerhalb kurzer Zeit selbst in einen dieser gedankenlosen, vom Fresstrieb gesteuerten Wesen.

Dies ist die Situation, in die sich der Leser in „Die Berufene“ begibt, in dieser Situation lernt er das kleine, aber unglaublich intelligente Mädchen Melanie kennen, das auf einem Militärstützpunkt irgendwo im Nirgendwo als Forschungsobjekt von Dr. Caldwell lebt, da es anders auf den Pilz reagiert hat als andere Hungernde. Dr. Caldwell ist eine ambitionierte Forscherin, die schon seit Jahrzehnten versucht ein Heilmittel oder zumindest einen Impfstoff gegen den Hungernden-Pilz zu entwickeln. Doch die Sicherheit des Stützpunktes wird schnell in Frage gestellt als dieser eines Tages von Hungernden regelrecht dem Erdboden gleich gemacht wird. Es beginnt eine schier endlose Flucht für Melanie, Dr. Caldwell, so wie Mrs. Justineau (Melanies Lehrerin, zu der sie eine ganz besondere Bindung aufgebaut hat) so wie zweier Militärs, die sich von nun an durch die Wildnis schlagen müssen, stets in Angst vor den Hungernden.

Ich ging mit hohen Erwartungen an dieses Buch heran, erwartete mir eine spannend wie vielschichtig konstruierte Zombie-Geschichte, die zwar ab und zu auch ein bisschen Action bietet und letzten Endes sehr zum Nachdenken anregt. Ich möchte behaupten, dass es diesem Buch gelungen ist, meine Erwartungen vollumfänglich zu erfüllen.

Das Szenario ist beängstigend, die Charaktere authentisch und die Spannung ungemein hoch. Von der ersten Seite an war ich mitten im Geschehen, fühlte mit den Protagonisten und war neugierig auf weitere Erkenntnisse über diesen seltsamen Pilz. Dem Autor M.R. Carey (ein Pseudonym wohlgemerkt) gelang es wunderbar die Informationen über die Hungernden-Pilz-Infektion verständlich zu vermitteln, man konnte ihm folgen und die dezent eingestreuten Exkurse in die Wissenschaft stellten mehr eine Bereicherung für das Buch als ein Hindernis dar.

Allerdings kann man vor diesem Hintergrund kritisch anmerken, dass wir als Leser da trotz allen Bemühungen des Autors noch sehr weit im Unklaren gelassen werden. Seine Ausführungen über die Seuche beschränken sich lediglich auf das Territorium Englands, es wird in keiner Weise darauf eingegangen welche Auswirkungen die Katastrophe, der „Zerfall“, weltweit hatte und wie man international versucht(e) mit der Krise umzugehen. Ich fragte mich nämlich einfach die ganze Zeit über, wo denn die internationalen Hilfsorganisationen blieben, die den Stützpunkt oder die verbliebenen gesunden Menschen mit Lebensmitteln oder Ausrüstung versorgen. Aber die gab es nicht und das erschien mir als Leser dann doch einer Erklärung bedürftig.

Die Atmosphäre in „Die Berufene“ ist stark, man kann die Verzweiflung, die Angst und all das Misstrauen regelrecht greifen und die Stimmung überträgt sich leicht auf den Leser. Darüber hinaus bietet dieser Roman auch noch viel Potential über das es sich auch nach dem Lesen noch einige Gedanken zu machen lohnt. Denn hier geht es um mehr als nur um eine grausige Zukunftsvision und eine blutige Verfolgungsjagd.

Alles in allem ein spannendes und erschreckendes Szenario, das uns in diesem Buch geboten wird und das sich gleichzeitig an große Werte wie Freiheit, Zusammenhalt und Gerechtigkeit heranwagt.