Rezension

Zombieroman, der in die Tiefe geht

Die Berufene - M. R. Carey

Die Berufene
von M. R. Carey

Bewertet mit 5 Sternen

 

Die Welt sieht sich einem Parasiten ausgesetzt, der die ganze Menschheit bedroht. Etliche Jahre ist es her, dass sich Nachbarn, Ehefrauen und -männer, Schulkinder oder sogar Lehrer in alles zerfleischende Zombies verwandelten und so dem uns bekannten Leben ein abruptes Ende setzten.

Die kleine Melanie kennt die Geschichten aus jener Zeit, jedoch nur aus dem Klassenzimmer, das sie sich mit anderen Kindern teilt und wo sie von einer Handvoll Lehrer - unter ihnen Miss Justineau - unterrichtet wird. Den Abend verbringt sie in einer spärlich möblierten, dafür aber sicheren, Zelle, die noch dazu von Soldaten bewacht wird.

Und Melanie weiß auch, dass Dr. Caldwell verbissen an einem Mittel gegen den hungernden Zombieparasiten arbeitet. Allerdings ist dem kleinen Mädchen nicht bewusst, welch hohen Anteil sie an der Dr. Caldwells Forschungsarbeit zu tragen hat.

Natürlich dürfen die typischen Zombie-Roman-Zutaten nicht fehlen: wir haben den Parasiten, der Menschen zu wandelnden Untoten - die Hungernden - mutieren lässt, eine Handvoll Menschen, die den Zombies mutig trotzen und natürlich ihr Ziel: der Weg führt quer durch’s Zombieland, mögen die Massaker noch so blutig und die Endstation noch so unerreichbar sein.

Und trotzdem ist dieser Zombieroman diesmal etwas anders gestrickt. Den Großteil der Geschichte erfährt man durch das kleine Mädchen Melanie. Zuerst erlebt man mit ihr ihren Alltag, den Unterricht im Klassenzimmer, lernt die Lehrer, die Soldaten aber auch eine ganz normale Woche kennen. Hier bleibt man stets auf ihrem Wissenslevel, erfährt gerade so viel, das man sich die grausige Wahrheit doch noch zusammenreimen kann und erlangt erst später durch andere Perspektiven die Gewissheit, dass man doch auf der richtigen Fährte war.

Obwohl es sich schon fast absurd anhört, ist es ein Zombieroman der in die Tiefe geht. Mir hat richtig gut gefallen, dass man nicht von einem Zombiekampf zum nächsten jagt, sondern regelrecht Zeit hat, um die Protagonisten und ihre Erfahrungen, Ängste und Hoffnungen kennenzulernen. Außerdem wurden viele wissenschaftliche Überlegungen eingebaut, die vielleicht nicht realistisch, aber doch sehr interessant zu lesen waren und so mancher Ansatz, den man aus vielen Zombieromanen schon allzu gut kennt, hat eine neue Interpretation erfahren.

Neben einer bisher unbekannten Tiefe, den interessanten Ansätzen und einem wirklich bemerkenswerten Ende, ist es auch noch der angenehme Schreibstil des Autors, der mich für sich gewinnen konnte. Daher kann ich nur sagen, es ist einer der besten Zombieromane, den ich in letzter Zeit gelesen habe.

© NiWa