Rezension

Für mich leider ein Roman mit Längen

Unter dem Südseemond - Regina Gärtner

Unter dem Südseemond
von Regina Gärtner

Pro:
Das Cover fand ich direkt sehr ansprechend mit seinen sommerlichen Farben und seinem exotischen Touch! Ich versprach mir davon eine historische Geschichte mit einem ganz eigenen Flair, und genau das bietet das Buch auch - für mich leider mit kleinen Einschränkungen.

Mir gefiel sehr gut, dass hier nicht einfach nur die Geschichte einer jungen Frau geschildert wird, die in den Zwängen und Erwartungen ihrer Zeit gefangen ist, sondern dass sie auch ihr ganzes vertrautes Leben hinter sich lassen und in ein Land ziehen muss, das ihr so fremdartig ist wie der Mond - und in dem sie einerseits fremde Zwänge, und andererseits ungeahnte Freiheiten findet. Die Mischung war für mich originell, interessant und (größtenteils) unterhaltsam!

Alma war mir direkt sympathisch: eigentlich hatte sie sich ihr Leben schon in allen Einzelheiten ausgemalt. Ihren Hannes wollte sie heiraten, ihm Kinder gebähren und ein friedliches Leben führen. Aber ihre Schwester Käthe, die ihr schon immer unerklärlich neidisch gesonnen war, zerstört alle diese Zukunftspläne gedanken- und gnadenlos, und so findet sich Alma mit einem älteren Mann verheiratet wieder, der zwar im großen und Ganzen ein anständiger Mensch zu sein scheint, den sie aber nicht lieben kann. Dass sie ihm auch noch nach Samoa folgen muss, erscheint Alma erst wie das Ende der Welt. Aber sie findet Mut in sich, den sie nicht für möglich gehalten hätte!

Im Buch spielen tief verschüttete Familiengeheimnisse eine Rolle, geschwisterliche Rivalität, gesellschaftlicher Neid und Standesdünkel... Auch das Thema Rassismus wird angeschnitten, da die deutschen und englischen Familien, die auf Samoa leben, auf ihre dunkelhäutigen Angestellten herunterschauen und sie für zurückgeblieben, diebisch und unfähig halten. Aber gerade unter den einheimischen Charakteren gab es ein paar wirklich liebenswerte und interessante, die Autorin lässt also keinen Zweifel daran, wie ignorant diese Vorurteile sind!

Auch die Liebe spielt eine große Rolle, aber leider hatte ich gerade mit diesem Aspekt so meine Problem (s. "Kontra").

Der Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen, und besonders die Beschreibungen von Land und Kultur fand ich sehr einnehmend und erfrischend.

Kontra:
So originell die Mischung aus geschichtlichen Ereignissen, familiären Verwicklungen und exotischen Landschaftsbeschreibungen auch ist, in zwei Bereichen ging diese Originalität für mich leider etwas verloren.

Einmal in der Charakterentwicklung. Mehr als einmal ist mir sauer aufgestoßen, dass die unsympathischen Charaktere meist die hässlichen oder zumindest unscheinbaren sind. Alma, die gute, aufopfernde Schwester, ist z.B. wunderschön, und Käthe, das intrigante Biest, ist pummelig und wenig ansehlich. Außerdem blieb gerade Käthe, die ein zentraler Charakter ist, für mich eher blass und auf wenige Attribute reduziert: Neid, Missgunst, Gier. Auch viele andere Charaktere kann man mit wenigen Eigenschaften beschreiben und sie verändern sich im Laufe des Buches nur wenig.

Und Joshua, der junge Seemann, der Almas Herz stiehlt: er ist geradezu verboten attraktiv, und am Anfang weiß Alma auch sonst fast nichts über ihn - was sie nicht davon abhält, geradezu obsessiv für ihn zu schwärmen - was auf Gegenseitigkeit beruht. Die beiden haben selten Zeit und Ruhe, sich wirklich tiefergehend zu unterhalten, und dennoch zieht sich ihre geheime Liebe über Jahre hinweg hin. Mir fehlte da einfach das Gefühl, dass sich hier wirklich zwei Seelengefährten gefunden haben - und nicht nur eine vom Leben enttäuschte junge Frau und ein von ihrer Schönheit beeindruckter junger Mann. Mir schien es ein wenig zu sehr auf Äußerlichkeiten zu beruhen. Das täuscht vielleicht, aber mir fehlten einfach Passagen, wo die Autorin uns echte Gefühle zwischen den beiden *zeigt* und nicht nur auflistet.

Außerdem verläuft die Liebesgeschichte immer wieder für lange Zeitstrecken im Sand. Immer kommt etwas dazwischen, immer gehen die besten Pläne im letzten Moment schief... Das erschien mir manchmal sehr erzwungen, und so nach und nach ging mir, was die Liebesgeschichte betraf, die Spannung verloren.

Vom Ende hatte ich mir mehr erwartet, das ging mir einerseits zu glatt, und andererseits blieb vieles offen.

Zusammenfassung:
Einerseits bot das Buch thematisch mehr, als ich erwartet hatte - anderseits blieb vieles für mich merkwürdig flach und vorhersehbar. Der Roman ist unterhaltsam, aber wirklich emotional berührt hat er mich nur selten, und im Endeffekt muss ich leider zugeben, dass er für mich deutliche Längen hatte. Kein schlechtes Buch, aber auch keins meiner Monatshighlights.