Rezension

Informativ und romantisch, so mag ich das!

Unter dem Südseemond - Regina Gärtner

Unter dem Südseemond
von Regina Gärtner

Bewertet mit 4.5 Sternen

Köln 1899: Die junge Schneiderin Alma träumt von einer Zukunft mit Hannes. Doch ihre Pläne werden jäh zerstört und das alles wegen ihrer Zwillingsschwester Käthe. Von ihrem Vater wird Alma genötigt, den älteren Hermann zu heiraten, der kurz nach der Hochzeit mit ihr nach Samoa auswandert, um dort die Geschicke einer kolonialen Firmenzweigstelle zu leiten. Die Inseln in der Südsee werden in Kürze zu einer deutschen Kolonie erklärt werden und für Alma beginnt eine Reise ins Ungewisse. Doch die lebenslustige junge Frau arrangiert sich schnell mit ihrem Schicksal und findet vor allem in der englischen Kauffrau Heather eine gute Freundin. Und immer wieder wird sie auf Samoa dem australischen Seemann Joshua begegnen, in den sie seit der Überfahrt verliebt ist. Doch Alma bewegt sich auf dünnem Eis,  denn das darf Hermann nie erfahren. Zu allem Überfluss erfährt sie von einem großen Familiengeheimnis, das sie irgendwann auch in der Ferne einzuholen droht.

 

Regina Gärtner verbindet in ihrem historischen Liebesroman „Unter dem Südseemond“ eine interessante Geschichte mit dem exotischen Inselreich Samoa im Pazifik. Doch dient Samoa hier nicht nur als Kulisse, man erfährt sehr viel über die ehemalige deutsche Kolonie, die Lebensweise der Samoaner und das Denken und Handeln der Menschen zur Kaiserzeit. Ob Wettrüsten mit England oder die Überheblichkeit der Deutschen gegenüber den Samoanern und anderen Europäern, das nationalistische Denken ihrer männlichen Charaktere bringt Regina Gärtner ohne mit der Wimper zu zucken aufs Papier und machte den historischen Bezug für mich perfekt. Über das Leben in den deutschen Kolonien erfährt man ansonsten sehr wenig in der Belletristik, darum freue ich mich umso mehr über die Wahl der Autorin.
 

Im Vordergrund stehen aber natürlich Alma, ihre Familie und ihre Liebe zu Joshua. Letztere entwickelt sich zwar langsam und authentisch, dennoch erfährt man leider kaum etwas über Joshuas Motivation und Gefühle. Alma war mir ein sehr sympathischer Charakter, die zwar den Konventionen für Frauen der damaligen Zeit folgt, aber im Inneren ihre Unabhängigkeit bewahrt hat. Sie sieht ihre Lage stets realistisch und setzt die Familie an erster Stelle.
 

Das große Familiengeheimnis war mir jedoch nach der ersten Andeutung schon klar, ich fragte mich, warum Alma dies nicht realisierte. Hier kam leider keine unerwartete Wendung und somit kein Überraschungsmoment auf. Auch die Schwester Käthe war mit ihren Intrigen und ihrer Arroganz war einfach gestrickt. In Sachen Überraschungen und Charaktertiefe der Nebencharaktere hätte man den Roman noch ausbauen können. Insgesamt war der Sprachstil sehr schön und bildhaft, so dass ich das Buch in gutem Tempo lesen konnte und mir die Handlung und Orte plastisch vorstellen konnte.

 

„Unter dem Südseemond“ ist ein sehr guter Vertreter des historischen Romans mit einem hervorragenden geschichtlichen Hintergrund, interessanten Charakteren, starken Frauen und einer romantischen Liebesgeschichte. Ein paar kleinere Schwächen störten mich zwar etwas, die zuvor genannten Pluspunkte machten dies aber wieder wett. Kartenmaterial und ein Glossar runden den Roman ab. Leseempfehlung!