Rezension

Hätte ich nicht gedacht...

Das Parfum - Patrick Süskind

Das Parfum
von Patrick Süskind

Bewertet mit 4 Sternen

Knapp dreißig Jahre lang habe ich nun Jean-Baptiste Grenouilles Leben begleitet. Von seiner Geburt bis zu seinem Tod. Aufgeteilt auf 14 Tage. Ich habe geflucht, gelitten, geschimpft und meine Umwelt beinahe terrorisiert. Aber nicht, weil ich mit Grenouille gelitten und Süskind dafür gehasst habe, was er seinem Protagonisten antut, sondern weil mir das Buch durch und durch unsympathisch war.

Warum zum Henker gebe ich diesem Buch dann trotzdem vier Sterne? Ganz einfach - weil die Sterne verdient sind. Es kann mir unsympathisch sein, wie es möchte. Ich kann mich noch so gequält haben, aber eines kann ich bei allem widerwillen nicht abstreiten: Patrick Süskind erzählt ein beeindruckendes Meisterwerk, dass es definitiv verdient hat sich Klassiker nennen zu dürfen. Um mir das einzugestehen hat es allerdings nochmal knapp 1 1/2 Stunden Nachwirkzeit gebraucht.

Jean-Baptiste Grenouilles Geschichte besitzt eine sehr bildgewaltige Sprache. Dadurch fällt es auch kaum auf, dass kaum direkte Rede benutzt wird. Sie ist praktisch kaum notwendig und trotzdem fühlt man sich, als ob man einen Film ansieht. Man muss sich seitenweise durch die Parfüm- und Duftstoffgewinnung des Mittelalters quälen, nur um hinterher festzustellen, dass es für das Gesamtbild absolut unverzichtbar ist. Denn schließlich ist es das, was sein Leben ausmacht - nämlich jede Art von Gerüchen. Er legt sein komplettes Leben darauf aus den einen, perfekten Geruch zu zuschaffen.
Vorallem ist das Buch aber eines: Eine Charakterstudie. Man lernt von Grenouille alles kennen. Wie er die Welt wahrnimmt genauso wie seine Wünsche, Gedanken und Wahngebäude. Ein Thema mit dem man Seiten füllen könnte (und der ein oder andere wohl auch schon musste).

Ich würde lügen, wenn ich sagen, dass ich "Das Parfüm" von der ersten bis zur letzten Seite packend fand. Im Gegenteil, oft musste ich mich mit dem Gedanken "Es ist nicht grundlos ein Klassiker geworden" trösten und hatte zwischendurch immer mal wieder den Wunsch es abzubrechen. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mir jetzt sympathischer ist. Aber ich würde genauso lügen, wenn ich nicht gestehen würde, dass ich im Nachhinein nicht beeindruckt wäre.