Rezension

Konnte mich überzeugen, obwohl Thriller+Krimis nicht mein Genre sind

Die Frau vom Strand -

Die Frau vom Strand
von Petra Johann

Bewertet mit 5 Sternen

Rebecca lebt mit ihrer Frau Lucy und der gemeinsamen kleinen Tochter in Rerik an der Ostsee. In den beiden und in dem Haus in Strandnähe hat sie alles, was sie sich wünscht. Trotzdem freut sie sich, als sie bei einem Spaziergang Julia kennenlernt und sich auf Anhieb gut mir der anderen Frau versteht, denn da Lucy unter der Woche in Hamburg arbeitet, verbringt Rebecca viel Zeit alleine mit ihrer Tochter Greta. Schnell freundet sie sich mit Julia an, doch dann verschwindet Julia plötzlich ohne Ankündigung und scheint wie vom Erdboden verschluckt. Besorgt setzt Becca alle Hebel in Bewegung, um ihre neue Freundin zu finden, muss dabei jedoch feststellen, dass diese ihr nicht in allen Punkten die Wahrheit erzählt zu haben scheint. Dennoch oder gerade deshalb versucht sie hartnäckig herauszufinden, wohin Julia verschwunden ist, erhält jedoch nicht die erhoffte Unterstützung von Lucy. Eher wirkt es so, als wolle ihre Frau sie von der Suche abhalten...

Ich bin normalerweise gar kein Krimi-/Thrillerfan, hier hat mich aber der Klappentext aus irgendeinem Grund wie magisch angezogen, und nach dem Lesen kann ich sagen - ich habe es nicht bereut.

Die Geschichte setzt ein, als Rebecca Julia kennenlernt und wird zunächst aus Beccas Sicht erzählt. In diesem ersten Teil habe ich die junge Mutter als Protagonistin schätzen gelernt und konnte mich gut in sie hineinversetzen. Das rätselhafte Verschwinden Julias und die Bemühungen, sie zu finden, waren gut und nachvollziehbar beschrieben und die Spannung, die im Laufe des Buches aufgebaut wird, wurde hier bereits angedeutet - doch auf das, was noch alles folgen sollte, war ich trotzdem nicht vorbereitet.

Nach einem recht ruhigen Anfang gibt es einen Cut und die Perspektive schwenkt um auf die zweite Protagonistin und Kriminalhauptkomissarin Edda Timm. Denn diese ermittelt nun in einem Todesfall, der sich in der Zwischenzeit ereignet hat, und wie auch die Polizei tappt man als Leser lange Zeit im Dunkeln, ob es nun ein Unfall oder vielleicht doch Mord war, wer ein Motiv dafür gehabt hätte und warum. Diesen Punkt möchte ich auch gerne als besonders positiv hervorheben: Vielleicht lag es einfach an mir als nicht-krimierprobter Leserin, aber ich habe im Laufe des Buches tatsächlich gefühlt ein Dutzend mal meine Theorie abgeändert, wer denn nun wen weshalb getötet haben könnte. Und das tatsächlich auch bis fast ganz zum Ende des Buches. Der Spannungsaufbau hat mir enorm gut gefallen, die Informationen hat man wohlproportioniert immer nur häppchenweise bekommen, jedoch ohne dass es dabei langweilig geworden wäre. Das Buch gibt einem dazwischen immer wieder Zeit, selbst eine Hypothese aufzustellen, und immer wenn man denkt, so muss es sein - kommt der nächste Hinweis und man muss feststellen, dass man falschgelegen hat. Gerade Zeugenbefragungen und Polizeiarbeit im Allgemeinen empfinde ich persönlich in Büchern eigentlich meistens wahlweise als langatmig oder nicht schlüssig dargelegt (oder beides), hier hat es mir nach ganz kurzen anfänglichen Zweifeln sehr gut gefallen. Und die Zweifel rührten wohl auch eher daher, dass ich enttäuscht war, Rebeccas Sichtweise zu verlassen. Im Nachhinein hat sich diese Konstellation der Erzählperspektiven aber als sehr gelungen herausgestellt.

Das Buch hat mich in vielen Punkten überrascht, allerdings durchweg auf positive Weise. Die vielen Wendungen, der Schreib- und Erzählstil, die authentisch ausgearbeiteten Figuren und auch die Auflösung am Schluss - mir fällt nichts ein, was ich daran aussetzen könnte. Ich bin froh, zu diesem Buch gegriffen zu haben!