Rezension

Leise aber kraftvolle Dystopie

Unsre verschwundenen Herzen
von Celeste Ng

 "Unsre verschwundenen Herzen" von Celeste Ng ist eine bewegende Hommage an die Liebe um jeden Preis und die Suche eines Jungen nach der Wahrheit. Die Geschichte selbst ist eindringlich erzählt, erschütternd, erschreckend, aber letztlich auch hoffnungsvoll.

Der dystopische Roman spielt in einer nahen Zukunft, die durch die Augen des zwölfjährigen Bird Gardner betrachtet wird.
Im ersten Abschnitt lernt man Bird kennen, der von seinem Vater Noah genannt wird. Birds Mutter Margaret Miu, die chinesischer Abstammung ist, verschwand, als er neun Jahre alt war. In den letzten drei Jahren haben Bird und sein weißer Vater versucht, ein ruhiges, konformes Leben zu führen, das nicht die Aufmerksamkeit der Nachbarn, Lehrer, Kollegen oder anderer Menschen um sie herum erregt, die auf den kleinsten Hinweis auf etwas Unamerikanisches achten. Bird geht zur Schule, er lernt über PACT - das Gesetz zum Schutz der amerikanischen Kultur, ein Gesetz, das eingeführt wurde, nachdem das Land sich in einem schlechten sozialen und wirtschaftlichen Zustand befand, es herrschte Hunger und es kam zu Aufständen auf den Straßen, niemand war sicher. Die Regierung hat dieses Gesetz erlassen, um die Lage zu beruhigen. Um die Menschen zu schützen. Doch es hat eher zu Misstrauen und Rassismus geführt.
In der zweiten Hälfte erfährt man aus der Sicht eines Erwachsenen, wie es zu dieser Situation kam und was es mit dem Verschwinden von Birds Mutter auf sich hat.
Obwohl man weiß, dass es sich hier um eine fiktive Geschichte handelt, fühlt es sich sehr real an, was den Roman so eindringlich und bedrückend macht.
Es ist ein Buch über Familie, Liebe, die Suche nach der Wahrheit und über einen kleinen Jungen, der Antworten sucht und mutig ist.
Es ist auch ein zutiefst politisches Buch, das sich mit Themen wie Anti-Asiaten-Hass, Mutterschaft, Familientrennung, Polizeibrutalität, sozioökonomischer Ungleichheit und mehr auseinandersetzt. Es ist erschreckend zu lesen, denn obwohl es sich um ein fiktives Werk handelt, fühlt sich der Zustand der Welt in diesem Buch nur allzu real an.

Ng schafft es, die Charaktere lebendig werden zu lassen, besonders Bird wächst einem ans Herz. Mit ihrem emotionalen und leicht poetischen Schreibstil fängt sie die Hilflosigkeit derjenigen Familien ein, bei denen die Eltern von ihren Kindern getrennt werden sowie Hass und Ausgrenzung ausgesetzt sind. Anfangs noch etwas verwirrend, offenbart sich mit jeder zusätzlichen Seite, wie es dazu kam, dass Familien getrennt wurden und warum Bird und sein Vater versuchen nicht aufzufallen. Einmal angefangen fällt es schwer, mit dem Lesen aufzuhören, auch wenn das Thema kein leichtes ist.

Eine Geschichte, die nachdenklich macht.