Rezension

Mutterherzen

Unsre verschwundenen Herzen
von Celeste Ng

Inhalt:
Drei Jahre sind vergangen seit der zwölfjährige Bird von seiner Mutter verlassen wurde. Seit Margaret fort ist, hat sich nicht nur sein Name geändert, sondern sein ganzes Leben. Bird ist umgeben von einem dystopischen Amerika, dessen politisches und gesellschaftliches Leben von einem Gesetzt namens PACT bestimmt wird. PACT erklärt alles Asiatische zum Feindbild. Margaret, eine chinesisch-amerikanische Dichterin, gilt plötzlich als gesellschaftsfeindliche Terroristin. Doch dann erhält Bird eine rätselhafte Postkarte, die vielleicht einen Hinweis auf den A Aufenthaltsort seiner Mutter verborgen hält. Er ist nun wild entschlossen, sie endlich zu finden. 

Meine Meinung: 
Ich habe lange keine richtig gute Dystopie gelesen, das hat sich nun geändert. Celeste Ng greift in „Unsre verschwundenen Herzen“ aktuelle politische Bewegungen in den USA, sowie strukturell rassistische Verfehlungen der Vergangenheit auf, und verwebt sie zu einem Szenario, das nicht real, aber seltsam realistisch wirkt. Anhand von wenigen handelnden Personen wird eindrücklich ein ganzes Gesellschaftskonstrukt zum Leben erweckt. „Unsre verschwundenen Herzen“ ist eine leise Dystopie. Die Autorin braucht keine Kriege, keine Straßenschlachten, keine Hightechwaffen, um deutlich zu machen, was passiert, wenn Rassismus gesellschaftsfähig wird, und politische oder mediale Feindbilder sich in den Köpfen einer Bevölkerung festsetzen. 
Die Geschichte von Bird und Margaret hat mich bewegt und emotional aufgewühlt. Ich konnte kaum aufhören zu lesen. Unabhängig von der politischen Relevanz, ist es einfach unglaublich spannend Bird auf der Suche nach seiner vermissten Mutter zu begleiten. Die Sprache, in der das geschieht, ist poetisch und schön (Sehr passend zu Margarets Beruf!). Ich mochte die Atmosphäre, die im Text erzeugt wird, und die Detailverliebtheit. Bücher solcher Art sind nämlich oft sehr handlungszentriert, hier kommt nichts zu kurz. 
Ganz besonders hervorheben muss ich an dieser Stelle die außerordentlich gelungene Übersetzung aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit. Selten lese ich ein Buch, das so auffällig gut übersetzt wurde. „Unsre verschwundenen Herze“ steckt voller guter, Reis anrührender Ideen. Besonders gefallen haben mir die immer wiederkehrenden Assoziationen mit Märchen oder der asiatischen Sagenwelt. Manchmal erinnert mich das Buch ein wenig an einen Studio Ghibli Film, aber das ist wohl eine sehr eigenartige Assoziation. 
Der Verlauf der Handlung war für mich folgerichtig und zu jeder Zeit stimmig. Das Ende und die Auflösung der Geschichte werden dieser auf den Punkt gerecht. 

Fazit: 
Ich kann „Unsre verschwundenen Herzen“ nur empfehlen. Ich finde das Buch in jeder Hinsicht großartig. Die Geschichte von Bird und Margaret ist so universell und berührend. Ich kann mir vorstellen, dass sie eine große Zahl an Lesenden begeistern wird.