Rezension

Nimmt gefangen, erfordert aber Durchhaltevermögen

Das Flüstern der Bäume - Michael Christie

Das Flüstern der Bäume
von Michael Christie

Bewertet mit 4 Sternen

Allgemeines:

Michael Christie, ist in Thunder Bay, Ontario, geboren. Er studierte Psychologie und arbeitete in der Obdachlosenhilfe. Mit Das Flüstern der Bäume legt er seinen zweiten Roman vor, der mehrfach nominiert wurde, u.a. für den bedeutendsten kanadischen Literaturpreis, den Scotiabank Giller Prize.

Das Flüstern der Bäume ist auf Deutsch am 05.Oktober 2020 im Penguin Verlag als Hardcover erschienen und umfasst 559 Seiten.

Inhalt:

„Eine Familie, vier Generationen, schicksalhaft verbunden mit den Wäldern Kanadas

Jacinda Greenwood weiß nichts über ihre väterliche Familie, deren Namen sie trägt. Sie arbeitet als Naturführerin auf Greenwood Island, doch die Namensgleichheit, so glaubt sie, ist reiner Zufall. Bis eines Tages ihr Ex-Verlobter vor ihr steht. Im Gepäck hat er das Tagebuch ihrer Großmutter. Jahresring für Jahresring enthüllt sich für Jacinda endlich ihre Familiengeschichte. Seit Generationen verbindet alle Greenwoods eines: der Wald. Er bietet Auskommen, ist Zuflucht und Grund für Verbrechen und Wunder, Unfälle und Entscheidungen, Opfer und Fehler. Die Folgen all dessen bestimmen nicht nur Jacindas Schicksal, sondern auch die Zukunft unserer Wälder …

Michael Christies grandiose Familiensaga ist großes Kino: farbenprächtig, mitreißend, bewegend!“ (Quelle: Random House)

 

Meine Meinung:

Das Thema von Das Flüstern der Bäume hat mich sofort interessiert. Auch die guten Kritiken im Feuilleton diverser Zeitungen haben mich neugierig werden lassen. Sehr schnell musste ich aber bemerken, dass dieses Buch sich zwar grundsätzlich gut liest, die Thematik Umweltschutz und Artensterben aber von Maja Lunde in Die Geschichte der Bienen, Die Magie des Wassers oder von Annie Proulx Aus hartem Holz aus meiner Sicht bereits sehr gut oder besser erzählt wird. Selbst der Aufbau des Buches ist den Büchern von Maja Lunde sehr ähnlich, so gibt es verschiedene Zeitebenen wie die Zukunft die Gegenwart und die Vergangenheit.

Aber zurück zum Buch. Beginnend im Jahr 2038 werden wir in eine Welt entführt, die uns zu denken geben sollte. Eine sehr merkwürdige Welt, in der die Realität auf den Kopf gestellt wird. So gibt es Arbeitsbereiche, in denen die Menschen in ihren Rechten stark eingeschränkt werden. Nur wer wirklich viel Geld hat, hat andere Möglichkeiten zu leben. Mich erinnert das sofort an George Orwells „Big Brother is watching you“. In dieser Welt beginnt die Geschichte. Michael Christie führt uns dann über die Jahre 2008, 1974,1934 und 1908 durch die Leben der Mitglieder der Familie Greenwood. Dabei geht es einmal zurück und dann wieder in umgekehrter Reihenfolge in das Jahr 2038. Dieser Aufbau des Buches macht das Lesen wirklich anstrengend. Kaum hat man sich mit einem Familienmitglied in seiner Zeit vertraut gemacht, geht es weiter mit einem anderen, in der Regel dem Vorgänger. Aber man wird komplett in einen neuen Erzählrahmen katapultiert und muss sich wieder neu orientieren. Da alles wirklich gut erzählt wird, geht das einigermaßen zügig, aber selbst mir als Vielleserin ist das oft zu anstrengend. Man ist fast gezwungen, das Buch möglichst ohne Pausen zu lesen, da man sonst schnell die Orientierung verliert und wieder zurückblättern muss. Das schmälert den Lesegenuss sehr.

Die Protagonistin Jake Greenwood lebt in der Zeitebene 2038. Sie führt sogenannte Gruppen von Pilgern an ausgewählte Plätze auf Greenwood Island. Sie darf Ihnen die schönsten Bäume dort zeigen, es ist ihr aber untersagt, auf Umweltschäden und deren Ursachen hinzuweisen. Jake ist auch anderen Beschränkungen unterworfen, die nur angerissen werden, aber beim Lesen ein mulmiges Gefühl hinterlassen. Greenwood Island scheint im Jahr 2038 eine grüne Oase inmitten von Umweltkatastrophen zu sein. Genaueres erfährt man zunächst nicht. Jake ist bewusst, dass ihr Nachname mit dem Namen der Insel korrespondiert, zieht daraus aber keine Rückschlüsse auf ihre Herkunft. Der Leser ahnt schon bald einen Zusammenhang, wie dieser zu sehen ist, entwickelt sich in der weiteren Handlung. Man erfährt nach und nach mehr über Jakes Familiengeschichte, die Insel aber bleibt ein Mythos – oder nicht? Dieses Buch hat auch große Geheimnisse!

Insgesamt wird hier eine mal mehr mal weniger spannende Familiengeschichte in einer schönen Sprache erzählt. Alle Familienmitglieder eint die große Liebe zur Natur, insbesondere zu den Bäumen.

Trotz der Sprünge in den Erzählzeiten ist man von diesem Buch gefesselt, weil man unbedingt wissen will, wie es ausgeht. Die Art und Weise wie Christie schreibt, nimmt einen einfach gefangen.

Fazit:

Ein Buch, das man nur beginnen sollte, wenn man bereit ist, durchzuhalten.