Rezension

Rätselhafte Spannung an der Bayview High

One of us is lying - Karen M. McManus

One of us is lying
von Karen M. McManus

Bewertet mit 4 Sternen

Fünf Schüler sind zum Nachsitzen an der Bayview High verurteilt, als einer von ihnen unvermutet zusammenbricht. Simon kämpft um sein Leben, während die anderen hilflos daneben stehen. Kurze Zeit später wird im Krankenhaus sein Tod festgestellt, und es ist klar, dass es keine natürliche Ursache gewesen ist. Aber es waren nur vier weitere Schüler mit ihm im Raum ... 

"One of us is lying" hatte ich zunächst zur Seite geschoben, weil ich dahinter keine so immens spannende Story vermutet habe. Begeisterungsstürme aus der Leserschaft haben mich dann doch neugierig gemacht. Zugegeben, Karen M. McManus hat den typischen High-School-Thriller nicht auf neue Beine gestellt, aber der Handlung mit ihrem packenden Stil wahnsinnig viel Spannung verliehen.

Die Ausgangslage sind fünf Jugendliche, die sich zum Nachsitzen im Chemie-Saal treffen. Die Autorin geht ganz ohne Schnörkel direkt in die Situation rein. Schon zu Beginn des Romans betritt man den Raum, wo Simon wenige Seiten später japsend am Boden liegen wird. Diese Konfrontation mit dem Schlüsselereignis gleich am Anfang, hat mir irrsinnig gut gefallen. Ich mag es, wenn man sofort mitten im Geschehen steckt, zumindest, wenn es übersichtlich bleibt.

Die vier Protagonisten hingegen sind nicht neu, weil sie den üblichen Stereotypen an High Schools entsprechen:

Bronwyn ist die toughe Hochbegabte, die sich sicher auf der bevorzugten Elite-Universität wähnt. Addy geht ganz in ihrer Beziehung auf und glänzt als gekrönte Ballkönigin. Cooper ist die Sportskanone, die sich allseits großer Beliebtheit und Bewunderung erfreut. Hingegen wird um den schuleigenen Drogendealer Nate eher ein Bogen gemacht.

Das Opfer am Boden, das sich eingangs am Boden windet, ist Simon gewesen, der alle ihre Geheimnisse kennt, und sie stets über seine Gossip App zu verbreiten weiß. 

Ein Toter, vier Schüler und hundert Motive. Wer hat es getan?

Nach Simons Zusammenbruch und seinem plötzlichen Todesfall stehen diese vier überlebenden Schüler im Rampenlicht. Die Polizei sieht sie sich zuerst als Augenzeugen, später als Verdächtige näher an, und man weiß, dass jemand im Raum für den Mord verantwortlich ist. Doch wer sagt die Wahrheit, oder lügen sie alle vier?

Die Ereignisse werden abwechselnd aus der Perspektive dieser vier Verdächtigen erzählt, was insgesamt spannend und extrem fesselnd zu lesen ist. Man lernt die Menschen hinter der perfekten - oder in Nates Fall anrüchigen - Fassade kennen und stellt fest, dass sie auf den zweiten Blick gar nicht übel sind.

Die kurzen Kapitel heizen die Spannung an, dezent wird von den Figuren auf ihre jeweiligen Geheimnisse verwiesen, während man sich fragt, wem die Tat zuzutrauen ist. 

Meinem Gefühl nach hat Bronwyn den meisten Raum eingenommen, obwohl ich sie als uninteressanteste Person empfunden habe. Schade, weil ich viel lieber mehr mit Cooper und Addy unterwegs gewesen wäre, oder über Nates Hintergründe erfahren hätte. 

Nichtsdestotrotz bin ich durch die Seiten geflogen. Mir hat dieses Rätsel um Simons Tod unter den Nägeln gebrannt. Laufend habe ich die Situation im Chemie-Saal gedanklich durchgespielt, dennoch bin ich meistens mit meinen Theorien nicht weiter als die Figuren gekommen. Erst im letzten Viertel hat es dann bei mir ‚Klick‘ gemacht. Da wusste ich, was vor sich gegangen ist.

Der Schreibstil ist einem Jugendbuch entsprechend einfach und heizt ordentlich den Lesefluss an. Die knappen Kapitel tendieren dazu, in einem spürbaren Cliffhanger zu enden, sodass einen die Neugierde weiter durch die Seiten treibt.

Abschließend kann ich nur sagen, dass ich trotz der typischen Charaktere, mörderisch-spannenden Lesespaß an der Bayview High hatte, der McManus fesselnden Stil und der rätselhaften Handlung zu verdanken ist. Es bleibt mir nur, diesen Jugendthriller definitiv zu empfehlen, wenn man mal wieder einen Pageturner mag.