Rezension

Therapie zur Selbstoptimierung?

Willkommen in Wisewood -

Willkommen in Wisewood
von Stephanie Wrobel

Bewertet mit 3 Sternen

In „Willkommen in Wisewood“ werden zunächst zwei Schwesternpaare vorgestellt - Kit und Natalie Collins sowie Jack und eine noch Unbekannte, die aber im weiteren das Geschehen bestimmt.

Natalie in der Gegenwart ist eine taffe, junge Frau, die sich in der Männerwelt des Geschäftslebens zu behaupten weiß. Sie setzt ihre Intelligenz zielgerichtet ein, wirkt cool, sehr klug und überlegen. Ihre Schwester Kit scheint anders gestrickt zu sein, unentschlossen und ohne Ziele im Leben. Sie verschwand nach Wisewood, auf eine einsame Insel in Maine ohne Kontakte zur Außenwelt, für ein Therapieprogramm zur Selbstoptimierung. Als Nat eine merkwürdige E-Mail ohne erkennbaren Absender von dort erhält, macht sie sich auf zu der Insel in leicht panischer Stimmung ... Was verbirgt Natalie? Welches Geheimnis trägt sie mit sich herum? Die Atmosphäre auf der Insel ist beklemmend, irgendwie seltsam. Totale Überwachung?

Vom 2. Schwesternpaar ist für mich zunächst nur die Ich-Erzählerin interessant. Sie ist die jüngere der Schwestern und schildert ihre bestürzenden Kindheitserlebnisse. Der Vater verhält sich grausam. Da ist sein hirnverbranntes Punktesystem, das er nach Belieben ändert. Er ist ein Sadist, der sich an den Ängsten seiner Töchter weidet. Die Mutter ist eine verhuschte, gottesfürchtige Person, die sich dem Mann total unterworfen hat. Sie läßt ihn in allem gewähren, da es Gottes Wille ist.

Das Buch ist in drei Teilen aus der Ich-Perspektive von Natalie, Kit und Rebecca/Teacher/Lady Fearless geschrieben. Es springt in der Zeit vor und zurück und macht es einem daher nicht leicht, den Überblick zu behalten. Aber bei mir funktionierte der Trick der Autorin nicht. Ich durchschaute die Konstellationen der Schwesternpaare von Beginn an.

Den Ansatz zu diesem Buch fand ich sehr überzeugend, der sadistische Vater, wie er seine Töchter quälte und die Ehefrau ständig demütigte. Ich nahm an, dass es noch spannend werden würde. Doch nach dem I. Teil nervten mich die ständigen Wiederholungen der teilweise irrsinnigen und lebensgefährlichen Performance-Aufführungen, die Selbstbeweihräucherung der Lady Fearless, die Mißachtung ihrer Mitmenschen, die krankhafte Bekämpfung der Angst. Ohne empathische Regungen opfert sie das Leben eines ihr nahestehenden Menschen. Sie stellt ihre Mission über alles und jeden! Ihr Mantra lautet: „Ich bin unbezwingbar“.

Wisewood leitet sie mit übergriffigen, manipulativen Maßnahmen, die ihre "Gäste“ bzw. die sektenartige Gemeinschaft über sich ergehen lassen. Wer lässt das freiwillig mit sich machen über einen längeren Zeitraum? Diese und viele andere Fragen stellte ich mir.

Das Ende kam mir irgendwie überhastet vor. Eigentlich unlogisch wie viele Szenen in der Geschichte. Ich möchte nicht spoilern. Wer wissen will, wie man angstfrei wird, sein Ich maximiert, der sollte „Willkommen in Wisewood“ lesen. Der Schreibstil der Autorin Stephanie Wrobel ist eindringlich und lässt durchaus verschiedene Bilder im Kopf entstehen.

Ich bewerte mit drei von fünf Sternen.