Rezension

Thrill an der schottischen Küste!

Eisige Schwestern
von S. K. Tremayne

Schon das Cover zu "Eisige Schwestern" von S.K. Tremayne hat mich direkt auf diesen Thriller aufmerksam gemacht. Zwei Zwillingsschwestern, die sich an beiden Händen halten und auf einen Leuchtturm gucken. Eine der beiden ist so gestaltet, dass sie eigentlich gar nicht existiert. Ein klarer Pluspunkt, bevor ich überhaupt eine Zeile dieses Buches gelesen habe.

Inhalt: Ein Jahr nachdem die sechsjährige Lydia durch einen tragischen Unfall ums Leben kam, sind ihre Eltern Sarah und Angus psychisch am Ende. Um neu anzufangen, ziehen sie zusammen mit Lydias Zwillingsschwester Kirstie auf eine atemberaubend schöne Privatinsel der schottischen Hebriden. Doch auch hier finden sie keine Ruhe. Kirstie behauptet steif und fest, sie sei in Wirklichkeit Lydia, die Eltern hätten den falschen Zwilling beerdigt. Bald hüllen Winternebel die Insel ein, Angus ist beruflich oft abwesend, und bei Sarah schleicht sich das unheimliche Gefühl ein, etwas stimme nicht. Zunehmend fragt sie sich, welches ihrer Mädchen lebt. Als ein heftiger Sturm aufzieht, sind Sarah und Kirstie komplett isoliert und den Geistern der Vergangenheit ausgeliefert.

Schon die Inhaltsangabe macht Lust auf diesen Thriller, doch bei den ersten 140 Seiten trügt der Schein doch gewaltig, denn echte Atmosphäre will nicht aufkommen. 
Die Geschichte ist aus Sicht der Mutter erzählt und mutet zunächst als reines Familien-Drama an. 
Eine Mutter auf der Suche nach der Antwort, welches ihrer Kinder denn nun wirklich auf tragische Weise verstorben ist. 
Mit dem Umzug der Eltern von London nach Schottland gewinnt das Buch an Klasse. 
Die typische schottische Atmosphäre bringt der Autor hervorragend rüber und erzeugt dadurch einen langsamen Spannungsbogen. Das Misstrauen des Ehepaares zueinander wird ebenfalls sehr gut in Szene gesetzt. Die eigene Ehefrau glaubt sogar an den Missbrauch des Mannes an ihrer verstorbenen Tochter. Gleichzeitig ist sie zerrissen zwischen Leidenschaft und Hass ihm gegenüber. 
Auf der schottischen Insel verändert die Tochter ihr Verhalten komplett und befördert sich selbst in Abseits. An jeder Ecke vermutet sie ihre tote Zwillingsschwester, wodurch auch in der Schule immense Konflikte mit Mitschülern und den Eltern entstehen. 
Tremayne flechtet damit zugleich das Thema Ausgrenzung bei Kindern geschickt mit ein, denn die einzige Tochter wird zu einer Zielscheibe. 
Es mündet zu einer Isolierung auf der einsamen Insel, die später durch einen heftigen Sturm von der Außenwelt abgeschnitten wird.
Das Geschehen spitzt sich zum Schluss zu, sodass die Auflösung schon sehr tragisch daherkommt. Der Autor hebt auch nicht den moralischen Zeigefinger, um ein Elternteil an den Pranger zu stellen. Im Gegenteil, denn er lässt den Leser an der höchst emotionalen Achterbahnfahrt des Ehepaares mit ihrer Tochter teilhaben.

Wenn man sich vom Einstieg in diesen Thriller nicht abschrecken lässt, dann erhält der Leser einen bewegenden Einblick in die Psyche von Eltern, die ein Kind auf tragische Weise verloren haben und dem anderen den nötigen Schutz bieten wollen. 
In "Eisige Schwestern" mixt S.K. Tremayne dafür einen gelungenen Cocktail aus Misstrauen, Spannungen, Zweifeln und ein paar Absurditäten, der vor der schottischen Landschaft hervorragend zur Geltung kommt.   
Eine klare Empfehlung!