Rezension

Über die Trennung der Unzertrennlichen

Eins - Sarah Crossan

Eins
von Sarah Crossan

Das Buch „Eins“ von Sarah Crossan würde ich als die erste schöne literarische Entdeckung des Jahres 2016 bezeichnen. Vor allem dank dem Thema, das in diesem Buch angesprochen wird. Es ist sehr interessant und für mich als Leser neu, denn bis jetzt habe ich keine Bücher gesehen, in denen es um etwas Ähnliches geht.
Das Erste, was an diesem Buch auffällt, ist das Cover, auf dem wir die Konturen von 2 Mädchenköpfen sehen. Erst wenn man das Buch in den Händen hält, erkennt man, dass ein Kopf auf dem Buchcover gedruckt ist und das andere – auf einem durchsichtigen Plastikumschlag, auf dem auch der Buchtitel steht. Diese Trennung des Bildes in 2 Teile, die optisch als eins aussehen und dann doch geteilt werden können, ist sehr symbolisch und unterstreicht die Idee des Buches: die (Un-)Zertrennlichkeit der siamesischen Zwillinge. Ich fand die Idee mit dem durchsichtigen Umschlag einfach großartig. Für das Cover also 5 Punkte!
Das nächste Auffallende am Buch ist die optische Gestaltung des Textes. Er sieht wie ein lyrisches Werk aus, als eine Sammlung von Gedichten. In der Tat gibt es hier keine Reime. Auch Rhythmus ist nicht erkennbar. Deswegen dachte ich mir, dass es interessant wäre, den Text im Original zu lesen – vielleicht versteht man dann besser, warum die Autorin den Text so geschrieben hat. Sonst kann ich mir diese Gestaltung nicht erklären.
Die Geschichte selbst (von den 16-jährigen Tippi und Grace, die an der Hüfte zusammengewachsen sind) fand ich sehr schön. Besser gesagt: es sind viele Geschichten, die hier erzählt werden, viele einzelne Episoden, die dem Leser den Einblick in das Leben der Mädchen ermöglichen. Allerdings waren diese einzelnen Geschichten meist nur oberflächlich behandelt. Sehr oft wünschte ich mir ein bisschen mehr Tiefgang bei der Ausarbeitung der Geschichten. Aber das würde wohl das Konzept des Buches (kurze Geschichten, meist auf 1 oder 2 Seiten) sprengen. Dabei dachte ich mir: Ich würde sehr gerne auf die originelle optische Gestaltung des Textes verzichten, wenn ich diese Geschichten ausführlicher beschrieben lesen könnte. Darum nur 3,5 Punkte für den Inhalt.
Das Buch liest sich sehr leicht und sehr schnell (da kann man das ganze Buch ruhig in einigen Stunden verschlingen). Es gibt viel Humor, aber auch viel Tragik (vor allem auf den letzten Seiten, die bei manchem Lesen wohl Tränen in den Augen hervorrufen werden).
Mit einem Satz: Ein ohne Zweifel lesenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt, über ein Thema, das nicht so oft behandelt wird…