Rezension

Überzeugt durch eine unheimliche Atmosphäre und überraschende Wendungen

Schattengrund - Elisabeth Herrmann

Schattengrund
von Elisabeth Herrmann

Bewertet mit 4 Sternen

Die siebzehnjährige Nico ist ganz aufgeregt, da ihre Tante Kiana ihr etwas vererbt hat. Sie malt sich schon aus, was sie mit dem Erbe alles machen kann, denn in Nicos Familie ist das Geld meist knapp. Die Testamentseröffnung entpuppt sich allerdings als maßlose Enttäuschung, denn Geld hat ihr die Tante nicht vererbt, sondern einen Besen, eine halbe Postkarte und einen Stein. Mit diesen drei Dingen soll sie Rätsel lösen, die sie dann zur Erbin von Schattengrund, dem Haus der Tante, machen. Da Nico noch nicht volljährig ist, schlagen die Eltern die Erbschaft aus. Doch Nico lässt der Gedanke an Schattengrund keine Ruhe. Heimlich macht sie sich auf den Weg in den Harz, um wenigstens einen Blick auf das Haus zu werfen. Sie ahnt nicht, dass sie damit lange verdrängte Erinnerungen heraufbeschwört, die sie in große Gefahr bringen...

Der Einstieg in diesen Jugend-Thriller gelingt mühelos, denn Elisabeth Herrmanns Hauptprotagonistin Nico wirkt von Anfang an sehr sympathisch. Die Ungerechtigkeit, dass die Eltern das Erbe ausschlagen, ohne darüber mit Nico zu diskutieren, sorgt dafür, dass man sich gut in sie hineinversetzen und regelrecht mit ihr mitfiebern kann. Die Atmosphäre in dem verschneiten Ort im Harz, in dem das Haus Schattengrund steht, ist düster und unheimlich. Nico wird dort nicht mit offenen Armen empfangen, sondern misstrauisch beobachtet und zuweilen schlägt ihr sogar blanker Hass entgegen. Somit ist das Interesse an der Handlung sofort geweckt und man verfolgt gespannt das Geschehen. Der flüssige und angenehm lesbare Schreibstil sorgt außerdem dafür, dass man förmlich über die Seiten fliegt.

Leider kann die aufgebaute Spannung nicht durchgehend gehalten werden. Durch eingeflochtene Sagen des Harzes und Nicos wiederkehrende Kindheitserinnerungen, bleibt die Handlung zwar abwechslungsreich und interessant, doch manchmal hat man das Gefühl, dass man auf der Stelle tritt und dass es nur schleppend vorangeht. Durch unheimliche Ereignisse und unverhoffte Wendungen steigt die Spannungskurve allerdings wieder an. Im Verlauf der Handlung wird klar, dass Nico einem lange gehütetem Verbrechen auf der Spur ist und dadurch in Gefahr gerät. Obwohl der Kreis der Verdächtigen recht schnell feststeht, kann man sich bis zum Schluss nicht sicher sein, wer tatsächlich dafür verantwortlich ist. Denn Elisabeth Herrmann legt einige Fährten aus, denen man nur allzu bereitwillig folgt. Der finale Showdown hält deshalb einige Überraschungen bereit.

Die in die Erzählung eingebettete Romanze, zwischen Nico und einem etwa zwei Jahre älteren Jungen, wirkt recht glaubhaft und drängt sich nicht zu sehr in den Vordergrund der Handlung. Die Jugendlichen handeln zwar manchmal etwas sprunghaft und naiv, doch es handelt sich ja um einen Thriller aus dem Jugendbuchbereich, sodass man darüber hinwegsehen kann.

Obwohl ich das Jugendbuchalter bereits etwas überschreite, habe ich mich beim Lesen sehr gut unterhalten. "Schattengrund" konnte mich durch eine unheimliche und düstere Atmosphäre und einige unverhoffte Wendungen überzeugen. Ich vergebe deshalb vier von fünf Bewertungssternen. Den einen ziehe ich ab, da das Buch, meiner Meinung nach, auch einige Stellen hat, in denen man das Gefühl hat, dass es nicht recht vorangeht.