Rezension

ab wann ist man "zu viel"

Alles so leicht
von Meg Haston

Bewertet mit 4 Sternen

Die siebzehnjährige Stevie muss so einige Verluste in ihrem Leben ertragen, zuerst verlässt ihre Mutter die Familie und kurze Zeit später stirbt ihr Bruder bei einem Unfall. Für beides gibt Stevie sich die Schuld, da sie glaubt, nicht perfekt genug für ihre Mutter gewesen zu sein, beginnt sie zu hungern, doch sie ist immer noch "zu viel". Nach dem Tod ihres Bruders schwört sie sich selbst, bis zu seinem Todestag sich zu Tode zu hungern. Doch nach einem körperlichen Zusammenbruch wird sie von ihrem Vater in ein Therapiezentrum für Mädchen mit Essstörungen eingewiesen. Hier lernt sie Anna, ihre Therapeutin kennen und natürlich auch andere Mädchen mit dieser Krankheit. Nur die Diagnose Bulimie erschreckt Stevie, denn Bulimie bedeutet, sich nicht beherrschen zu können, Anorexie wäre doch so viel besser...
Ich muss sagen, dass ich bisher noch nichts zu diesem Thema gelesen habe, es der Autorin aber sehr gut gelungen ist, mich an ihr Buch zu fesseln. Der Schreibstil ist einfach und leicht zu lesen, gerade für die Zielgruppe "Jugendliche" ein gut verständliches Buch. Aber auch als Erwachsene fand ich Gefallen an dem Buch. Das Buch wird aus der Sicht von Stevie erzählt und man lernt das Mädchen und ihre Sorgen sehr gut kennen. Zwischenzeitlich erhält man durch Rückblicke auf das, was geschah, Erkenntnis, warum Stevie erkrankte. Ein schweres Thema über das Meg Haston geschrieben hat, doch sie hat alles gut umgesetzt. Auch den langwierigen Prozess der Erkenntnis und Heilung wurde gut herausgearbeitet.
Die Darstellung der an Bulimie erkrankten Stevie fand ich sehr erschreckend, jedoch absolut glaubhaft. Stevie ist durch und durch negativ eingestellt, sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber, was wahrscheinlich auch sehr viel mit der Art der Mutter und deren letztendlichem Fortgang zu tun hat. Stevie mag sich gar nicht, fühlt sich körperlich zu viel und hält das für eine Schwäche. Sie hungert tagelang am Stück, bis der Fresskick kommt, bei dem sie wahllos alles in sich hinein stopft und dann das daraus resultierende Ergebnis, das Übergeben. Woraus wieder resultiert, dass sie sich nicht leiden kann, weil sie sich nicht beherrschen konnte. Ich konnte mich sehr gut in Stevie einfühlen, sie tut mir auf einer gewissen Art Leid, während ich ihr gleichzeitig in den Allerwertesten hätte treten wollen, damit sie endlich aufwacht. Stevie lädt sich alle Schuld auf, um den Zusammenbruch der Familie sich selbst zu erklären und zerbricht daran. Dann gibt es noch Anna, ihre Therapeutin, die ich wirklich ganz toll fand. Eine bewundernswerte Frau, mit dem richtigen Einfühlungsvermögen und dem gewissen Maß an Erfahrung. Auch die Nebencharaktere sind gut dargestellt, bleiben aber verglichen mit der Protagonistin farblos, was aber so auch völlig in Ordnung ist, da das Buch sonst zu überladen wäre. Während des Buches kann man sehr gut herauslesen, dass es ein absolut langwieriger Prozess ist, seine Probleme aufzuarbeiten und auch die Krankheit zu bekämpfen und schlussendlich auch zu besiegen. Für mich kam das Ende dann doch Recht schnell und ich hätte gerne noch mehr über Stevie erfahren, z. B. wie das Verhältnis zum Vater sich entwickelt.
Alles in allem jedoch ein durchaus lesenswertes Buch, das vom Schreibstil gut und schnell zu lesen ist und auch eine glaubhafte Geschichte vermittelt. Gerade für die Zielgruppe ein ansprechendes Buch zu einem doch leider immer mehr aufkommenden Thema.