Rezension

Bewegende Fortsetzung mit einigen Schwächen

Verliere mich. Nicht. - Laura Kneidl

Verliere mich. Nicht.
von Laura Kneidl

"Verliere mich. Nicht." zieht die Geschichte unnötig in die Länge. Trotzdem Vermögen es Sage und Luca noch immer zu fesseln. Leider verliert die Autorin die Nebencharaktere jedoch vollkommen aus den Augen und nimmt sich für den finalen Konflikt nicht genug Zeit.

PLOT
Mit Luca war Sage glücklicher als je zuvor in ihrem Leben. Er hat ihr gezeigt, was es heißt zu vertrauen, zu leben und zu lieben. Doch ihre Vergangenheit hat sie eingeholt und ihr Glück zerstört. Ihre Ängste haben gewonnen! Sie bricht Luca das Herz und verbringt Weihnachten in einem heruntergekommen Motel. Ihr Leben liegt in Trümmern und mit jedem Tag, den sie ohne Luca verbringt, fühlt es sich an, als würde ein Teil ihrer selbst fehlen. Lediglich April und Megan stehen ihr weiterhin zur Seite. Luca kann sie jedoch nicht aus dem Weg gehen und ihn mit anderen Frauen zu sehen, bricht ihr das Herz, auch wenn sie überzeugt ist selber nicht die Richtige für ihn zu sein. Kann es für die beiden eine zweite Chance geben, wenn so viel zwischen ihnen steht?

REVIEW
Nachdem der erste Teil mich mit einem fiesen Cliffhanger zurück gelassen hat, war ich froh wenige Tage später bereits "Verliere mich. Nicht." in den Händen zu halten. Sage und Luca hatten mich vom ersten Moment an gefesselt, weshalb ich unbedingt wissen musste wie es mit ihnen weitergeht. Bereits im Vorfeld bin ich der Meinung gewesen, dass die Geschichte ohne Probleme in nur einem Band hätte erzählt werden können. Diese Vermutung hat sich für mich bestätigt, denn im Grunde wird die komplette Handlung noch mal aufgerollt und erst nach 300 Seiten kommt endlich Schwung in die Geschichte. Während die Nebencharaktere im ersten Band noch ein absoluter Pluspunkt waren, verliert die Autorin diese hier nach der Hälfte vollkommen aus den Augen und lässt die einzelnen Handlungsstränge allesamt offen. Und obwohl die Fortsetzung meiner Meinung nach unnötig war, kann ich nicht leugnen, dass ich wieder jedes Wort aufgesaugt habe und vollkommen von der Geschichte gefesselt war. Mit "Berühre Mich. Nicht." kann der zweite Band definitiv nicht mithalten, weil man merkt, dass die Handlung zwanghaft in die Länge gezogen wird. Sage und Luca können sich trotzdem etwas von ihrem Charme bewahren und wer den ersten Teil geliebt hat, kommt um die Fortsetzung nicht herum. 

CHARAKTERE
Während ich mich im ersten Band schnell mit Sage angefreundet habe und sie mir mit jeder Seite besser gefallen hat, war ich von ihrer Darstellung in "Verliere mich. Nicht." eher enttäuscht. Von ihrer kämpferischen und selbstständigen Seite bekommt man nur wenig zu sehen und stattdessen mutiert sie zu der klassischen New Adult Protagonistin die ihren strahlenden Ritter braucht, der sie rettet. Ich fand es schade wie abhängig sie von Luca zu sein schien, zudem war Sage auf einmal unglaublich weinerlich und hat sich ständig selbstbemitleidet. Für mich war dieser Umschwung nicht nachvollziehbar, zumal die Autorin ihrer Heldin damit jeden Charme nimmt. Sage erschien auf einmal blass und obwohl ich verstehen kann, dass sie denkt nicht gut genug für Luca zu sein, hat es meine Nerven ziemlich strapaziert wie oft sich dieser Gedanke wiederholt. 

Luca war in "Berühre mich. Nicht." nah der Perfektion. Doch das erste Drittel von "Verliere mich. Nicht." hat mir dies ganz schön ruiniert. Ja, er hatte seine Gründe auf Sage sauer zu sein und es ist wegen seiner familiären Situation nachvollziehbar, dass er verletzt ist. Aber das ist kein Grund direkt die nächstbeste aufzureißen und dann auch noch die Szene an Silvester. Das war mir zuviel und für mich hat es nicht zu dem Luca gepasst, den wir alle kennen und lieben gelernt haben. Ich muss zugeben, dass er mich dann aber relativ schnell versöhnt hat und wahrscheinlich geht es einem wie Sage, man kann ihm einfach nicht böse sein. Luca wird in der Fortsetzung noch mehr zum Held aufgebaut und wenngleich ich mir andere Umstände gewünscht hätte, kann ich an ihm selber absolut nichts bemängeln. Laura Kneidl hat einen großartigen Charakter erschaffen, der mir definitiv fehlen wird. 

Ein Großteil meiner Lieblinge findet sich nach wie vor in den Nebencharakteren. Mit Megan und April, dem Wirbelwind und dem Sonnenschein, hat Sage wunderbare Freundinnen. Ich liebe die Freundschaften zwischen den drei und finde es großartige, wenn ein Roman auch mal ohne Zickenkrieg auskommt. Leider ist Gavin wieder viel zu kurz gekommen und ich hätte mir gewünscht mehr von ihm zu lesen. Begeistern konnte mich dafür der Handlungsstrang rund um Aaron und Conner, wenngleich mich das Ende dahingehend enttäuscht zurück gelassen hat. 

WELTENBAU 
Bereits bei "Berühre mich. Nicht." habe ich hervorgehoben was für eine großartige Arbeit Laura Kneidl bei den Nebencharakteren und ihren Geschichten geleistet hat. Was die Fortsetzung angeht muss ich dieses Kompliment leider zurück nehmen. Bis zur Mitte der Handlung folgt der Leser den Nebenplots, welche weiterhin spannend aufgebaut sind und einen ebenso fesseln wie Sage und Luca selbst. Doch dann verliert die Autorin sämtliche Nebencharaktere vollkommen aus den Augen. Und dies kann ich mir einfach nicht erklären. Es wird keine einzige offene Frage beantwortet, womit das Ende einen sehr bitteren Beigeschmack erhält. Für mich liest es sich, als würden die Nebencharaktere eigene Bücher bekommen. Allerdings wurde von der Autorin mehrmals betont, dass sie keine weiteren Fortsetzungen schreiben wird. Was mich zu der Frage bringt, weshalb die Nebenplots so in den Sand gesetzt wurden? Entweder kommen doch noch weitere Bücher, dann muss dies nicht erst verneint werden. Oder die Handlungsstränge wurden tatsächlich einfach aus den Augen verloren. Für mich ist dies definitiv ein ganz großer Minuspunkt an "Verliere mich. Nicht.". 

Allgemein hat mir diesmal ein wenig der Tiefgang gefehlt. Die ersten 300 Seiten sind im Grunde eine komplette Wiederholung von "Berühre mich. Nicht.". Die Geschichte startet mit allerlei Problemen, dann lässt sich Sage doch überzeugen bei Luca und April einzuziehen und dort gibt es ein stetiges auf und ab der Gefühle zwischen Sage und Luca. Bis auf die Umstände und Details der Szenen hält man der Geschichte einen Spiegel vor. Das fand ich unheimlich schade, besonders weil der eigentliche Showdown viel zu schnell und unglaubwürdig über die Bühne läuft. Ich hätte mir gewünscht die Konfrontation wäre vorgezogen worden. Die ganze Geschichte über nimmt sich Laura Kneidl viel Zeit, aber im entscheidenden Moment zieht sie das Tempo viel zu stark an. Ich war unglaublich gespannt auf die Reaktion ihrer Familie, aber diese wird in wenigen Sätzen abgehandelt und ihre Schwester, die eine zentrale Rolle in dem spielt, kommt dabei nicht einmal vor. Da all dies keine 100 Seiten einnimmt, kann ich nicht verstehen weshalb eine Fortsetzung nötig war. 

Der Epilog war in Hinblick auf Sage und Luca trotzdem schön zu lesen und konnte der Liebesgeschichte einen schönen Abschluss geben. In Hinblick auf die Darstellung von mentalen Krankheiten bietet die Geschichte allerdings kein gutes Beispiel. Besonders in "Verliere mich. Nicht." hatte ich das Gefühl, als wollte die Autorin vermitteln, dass es nur den Traumprinzen benötigt und alle Probleme sind vergessen. Gerade auf jüngere Leser und Betroffene kann so etwas schnell falsch wirken und ich hätte es schön gefunden, wenn dies mehr in die Geschichte eingeflossen wäre. Der perfekte Mann kann keine Therapie ersetzen und auch die Fortschritte die Sage nur wegen Luca macht halte ich letztendlich für etwas fragwürdig. Es mag nur ein fiktives Werk sein, aber bei dieser Thematik geht ein Autor meiner Meinung nach einfach eine gewisse Verpflichtung ein. 

SCHREIBSTIL
Laura Kneidl hat einen wunderbaren Schreibstil, der mich wieder einmal an die Geschichte gefesselt hat. Denn obwohl die Geschichte rund um Sage und Luca für mich Schwächen aufgewiesen hat, ist es letztendlich trotzdem so, dass ich regelrecht an ihren Worten geklebt habe. Es ist wie mit einer Daily Soap, von der man ohne es zu merken süchtig wird und nicht mehr davon loskommt. Beim lesen selbst bin ich komplett abgetaucht und wurde erneut verzaubert. So sind mir viele Schwachstellen auch erst wirklich bewusst geworden, nachdem ich am Ende noch mal alles Revue passieren ließ. Mir gefällt die Art wie Laura Kneidl Geschichte erzählt sehr gut, weshalb ich gespannt auf ihre Bücher bin, die eher meinem Genregeschmack entsprechen. Auch in "Verliere mich. Nicht." erlebt der Leser alles aus der Sicht von Sage und wenngleich wechselnde Erzähler sicherlich interessant gewesen wären, hätte das den Rahmen der Geschichte deutlich gesprengt. 

COVER
Die Covergestaltung von "Verliere mich. Nicht." gleicht, abgesehen vom Farbschema her, genau seinem Vorgänger. Diesmal sind die Blumen und die Schrift in grün und blau Tönen gehalten und wie schon beim ersten Teil hat man sich wieder für Pastellfarben entschieden. Es macht sich wunderbar im Regal und die beiden Bücher sind ohne Frage ein absoluter Eyecatcher! Auch der Titel ist wieder wunderbar gewählt und für das Gesamtpaket kann man dem Verlag nur gratulieren. Ich finde es großartig wenn der Titel die Geschichte selbst widerspiegelt und das ist hier perfekt gelungen. 

FAZIT
"Verliere mich. Nicht." zieht die Geschichte unnötig in die Länge. Trotzdem vermögen es Sage und Luca noch immer zu fesseln und ich hätte den Abschluss nicht missen wollen. Ich finde es schade, dass die Nebencharaktere vollkommen vergessen werden und auch die Handlung erinnert mich zu sehr an den ersten Teil. Die finale Konfrontation mit Sages Vergangenheit macht es aber lesenswert und gibt der Geschichte zumindest für Sage und Luca einen schönen Abschluss. 

BEWERTUNG
3 von 5 Sternen