Rezension

Ein absoluter Pageturner

Wir wollten nichts. Wir wollten alles. - Sanne Munk Jensen, Glenn Ringtved

Wir wollten nichts. Wir wollten alles.
von Sanne Munk Jensen Glenn Ringtved

ouise und ihr Freund Liam sind tot. Ihre Hände sind mit Handschellen aneinandergekettet.

Ungewöhnlicherweise wird die Geschichte aus Louises Perspektive erzählt, die nach ihrem Tod noch hier zu sein scheint. Sie kommentiert auch teilweise Gespräche oder Reaktionen ihrer Eltern, die sie natürlich nicht hören können.

Louises Eltern können nicht verstehen, warum sich die beiden umgebracht haben sollten. Sie waren doch so verliebt in einander waren. Sie hatten doch alles, waren jung und hatten eine glänzende Zukunft vor sich.  Der Vater forscht nach, was genau mit seiner Tochter und ihrem Freund passiert ist. Die Mutter ist nur noch traurig. Die Beziehung der beiden muss einiges aushalten. Ian, Liams Vater hingegen, ist auf sich alleine gestellt. Louises Eltern geben Liam und Ian die Schuld am Tod ihrer Tochter.

Parallel dazu erzählt uns Louise die ganze Geschichte. Wie sie Liam kennengelernt hat, wie sich die beiden in einander verliebt haben, wie glücklich sie anfangs waren. Louise ist aus gutem Hause. Der Vater ist Lehrer, die Mutter arbeitet im Krankenhaus. Liam ist der Sohn eines irischen Hafenarbeiters, der seine Kinder alleine erzieht. Mehr schlecht als recht. Mit seinen Kindern spricht er Englisch, deshalb sind die Dialoge von Ian und seinen Söhnen immer in englischer Sprache. Die Dialoge sind jedoch gut zu lesen.

Louise war ziemlich unscheinbar, eher eine Außenseiterin am Gymnasium. Sie war nie zu den Festen eingeladen und hatte nur eine beste Freundin. Da lernt sie Liam kennen, der sie beachtet, der sie fast schon vergöttert und sie als Seelenverwandte bezeichnet. Sie gibt den Kontakt zu ihrer besten Freundin auf, geht nicht mehr zur Schule und konzentriert sich nur noch auf Liam und seine Freunde.

Der möchte mit seinem Kumpel Jeppe einen eigenen Business aufmachen, ohne Vorgesetzte, die ihnen was zu sagen haben, absolut unabhängig und frei sein. Fatalerweise lassen Sie sich dadurch mit den falschen Leuten ein, die schlimmer sind als alle Vorgesetzten der Welt. In deren Welt gelten ganz eigene Gesetze. Sie geraten in eine Spirale, die sich unabwendbar abwärts bewegt, und aus der es scheinbar kein Entkommen gibt.

Die beiden Autoren erzählen in einer klaren, sehr direkten Sprache, die mir sehr gut gefällt.

In dieser Geschichte spielt der Zufall und getroffene Entscheidungen eine große Rolle. Irgendwann wird in der Geschichte die Frage gestellt, was passiert wäre, wenn Louise und ihre Freundin nicht hinter Liam und seinem Kumpel hergefahren wären. Würde sie dann noch leben?
"Wir wollten nichts, wir wollten alles"  ist ein Buch, das tief berührt und uns nachdenklich stimmt.  Louises große Gefühle für Liam sind nachvollziehbar. Wer hat nicht schon einmal Freunde, Familie und Hobbies vernachlässigt wegen der vermeintlich großen Liebe?

Es ist ein Buch, das aufzeigt, dass Jugendliche ein völlig anderes Leben führen können, von dem die Eltern nicht die Spur einer Ahnung haben. Auch das finde ich realistisch.

Von mir gibt es verdiente  5/5 Sterne für diese aufwühlende, realistische, spannende und fesselnde Story und meine absolute Leseempfehlung ab 16! Hier passt die Werbeaussage auf der Coverrückseite,  der Roman geht unter die Haut!

Ich wünsche mir solche Bücher als Schullektüre, da würden mehr Jugendliche zu Bücherwürmern mutieren.