Rezension

Tragisch und sehr bewegend!

Wir wollten nichts. Wir wollten alles. - Sanne Munk Jensen, Glenn Ringtved

Wir wollten nichts. Wir wollten alles.
von Sanne Munk Jensen Glenn Ringtved

Bewertet mit 5 Sternen

Als sich Louise und Liam kennenlernen, ist es wie Liebe auf den ersten Blick und beide spüren sofort, dass sie Seelenverwandte sind. Dabei sind sie beide noch jung, Louise ist 17 und besucht das Gymnasium, Liam ist 19 und weiß noch nicht so recht, was er mit der Zukunft anfangen möchte. Doch eines weiß er mit Sicherheit, er möchte seiner Louise den Himmel auf Erden schenken. Um das zu ermöglichen geht Liam einen gefährlichen Deal ein, dessen Schlinge sich ganz langsam um seinen und auch Louises Hals zu zieht. Als es so scheint, als gäbe es aus dem Ganzen kein Entrinnen mehr, sehen sie nur eine Möglichkeit, dem Chaos zu entfliehen…

Tragisch, romantisch und schonungslos ehrlich, beschreiben die beiden Autoren Samne Munk Jensen und Glenn Ringtved eine Geschichte, die bewegt und zum Nachdenken animiert.

Bei diesem Buch fühlt es sich gerade zu Beginn ein wenig merkwürdig an, denn Louise berichtet von ihrem eigenen und Liams Tod. Sie beschreibt, wie sie gefunden worden sind und welche Gefühle das Ganze in ihr weckt. Aus ihrer Sicht wird das gesamte Werk beschrieben, was natürlich im Vorfeld bereits den Ausgang einfängt, verführt jedoch durch eine sehr erschütternde und emotionsreiche Erzählweise einfach zum Weiterlesen. Denn im Grunde geht es nicht nur um die Liebe zwischen Liam und Louise, sondern vielmehr auch um die Verarbeitung des Verlustes von Tochter und Sohn.

Louise ist ein sehr lebendiger Charakter, der für das Positive in der Handlung steht. Im Gegensatz zu ihr wirken alle anderen Protagonisten eher düster, traurig und hoffnungslos. Ihre Beziehung zu Liam reißt den jungen Mann aus seinem Elternhaus, das ihn aus einem Strudel von Missverständnissen und Aggressivität entlässt. Liam hat erst vor wenigen Jahren seine Mutter verloren, seither herrscht zwischen ihm, seinem Vater und jüngeren Bruder ein angespanntes Verhältnis. Doch mit seinem Kampf um Selbstständigkeit begeht er auch den Fehler, sich auf die falschen Menschen einzulassen. Zunächst erscheint noch alles perfekt, doch immer schneller spüren die beiden, dass sie sich in einer großen Abwärtsspirale befinden. Leider hat Louise auch zu ihren eigenen Eltern kein ideales Verhältnis, so dass sie auch bei ihnen nicht den nötigen Rückhalt bekommt.

Neben Louises Erzählungen aus ihrer Vergangenheit, mischt sich aber auch stets die Gegenwart ein, wenn sie von ihren Eltern und von Liams Vater erzählt, die alle drei lernen müssen, einen Weg zu finden, mit der neuen Situation umzugehen. Besonders Louises Vater beschuldigt Ian, den Vater von Liam, verantwortlich am Tod seiner Tochter zu sein. Die Ehe zerbricht fast an den Folgen, dennoch gibt er seine Tochter nicht einfach auf und sucht nach Gründen für diese schreckliche Tat.

Die Erzählung ist sehr bewegend geschrieben. Louise nimmt bei ihren Beschreibungen kein Blatt vor den Mund. Äußerst realistisch wird hier der Leser in die Szene von Gewalt, Drogen und Prostitution hineingeführt. Dabei fällt es leicht, sich Louise vorzustellen und mit ihr mit zu leiden und zu bangen.

Hinweis: Leser dieses Buches sollten der englischen Sprache mächtig sein, denn der Vater von Liam spricht fast nur englisch. Eine Übersetzung dieser Textpassagen fehlt gänzlich. Das erzeugt einen zusätzlichen realen Aspekt, der für mehr Ausdruck steht.

Fazit: Wer bei diesem Buch ein rosa-rotes-Jugendbuch erwartet hat, wird hier sicherlich enttäuscht werden. Zwar steht die Liebe zwischen den beiden Jugendlichen im Fokus, doch die Geschehnisse um sie herum verdeutlichen, wie grausam und tragisch ihre Beziehung ist. Es geht um Drogenbosse, Schulden, Sex und Angst. Mit Romantik hat das Werk nur sehr wenig zu tun.
Dennoch ist es fantastisch zu lesen, schließlich entführt es den Leser bildlich und einfühlsam in eine ganz andere Welt. Die Charaktere sind authentisch beschrieben, die Geschichte dramatisch und spannend erzählt. Insgesamt kann ich dem Werk deshalb nur eine ganz klare Leseempfehlung aussprechen.