Rezension

unterhaltsam

Was fehlt, wenn ich verschwunden bin
von Lilly Lindner

Bewertet mit 4 Sternen

~~Phoebe ist verzweifelt, weil ihre geliebte Schwester April ins Krankenhaus muss und mit dem Tod und einer ziemlich hinterhältigen Erkrankung kämpft; Anorexie genannt Magersucht. Um die Geschehnisse zu verarbeiten und um den Kontakt zur Schwester wieder herzustellen, schreibt sie viele, lange und intensive Briefe an April. Aus diesen Briefen erfährt man sehr viel über die Situation der Familie, wie alles sich entwickelt hat, wie die Eltern jetzt zornig und wütend auf sich selbst und den anderen sind und sich nur noch streiten und Phoebe ganz vergessen. Das Mädchen tut einem leid aber man bewundert auch ihre clevere aufgeweckte Art, mit der sie das Leben sieht und die Schwächen und Stärken der Menschen analysiert.

Man muss den Erzählrythmus mögen, der durch Briefe entsteht. Ich denke, das fällt mir etwas schwer, weil so keine Interaktion entsteht und kein Dialog mit anderen sondern nur ein einseitiger Dialog durch Phoebe. Die Autorin gibt ihrer Erzählerin eine sehr kluge und für ihr Alter ziemlich reife Art zu sprechen und man schwankt ein bisschen, ob ein Kind in diesem Alter wirklich solche Briefe schreiben würde. Und ob das Buch nicht manchmal etwas überladen ist mit großen schweren Lebensfragen und tiefgreifenden Gefühlswallungen. Als Leser wird man schon ziemlich gebeutelt. Ich habe auch mal geschaut, ob die Autorin Deutsche ist, weil mir der Text manchmal etwas „amerikanisch“ vorkam.

Schön fand ich, wie die Krankheit, die hier sogar den Namen Ana trägt, beschrieben und umschrieben wurde. Die Verzweiflung kam gut rüber, die diese Krankheit in der Familie auslöst. Es war schön zu erfahren, wie April dies alles aus ihrer Warte sieht. Wie andere Rezensenten vor mir, so fand auch ich die Erwachsenen – besonders die Eltern – in diesem Buch sehr überzeichnet. Bei Phoebe schiebe ich das auf ihr Alter und bei April auf ihre Krankheit. Aber da so eine Krankheit ja auch mit familiären Problemen einhergeht, konnte die Familiensituation ja auch gar nicht harmonisch sein, das wäre unglaubwürdig gewesen. Alles in allem ein gutes Jugendbuch, dem ich manchmal etwas mehr Leichtigkeit gewünscht hätte.