Rezension

Darf's ein wenig mehr sein?

Ein wenig Glaube - Nickolas Butler

Ein wenig Glaube
von Nickolas Butler

Lyle und Peg Hovde, beide in ihren Sechzigern, führen ein beschauliches Leben in ihrer Heimat Wisconsin und lassen keine Gelegenheit aus, ihren 5-jährigen Enkel Isaac nach Strich und Faden zu verwöhnen, nachdem ihr eigener Sohn Peter bereits als im Säuglingsalter verstarb. Machtlos müssen sie mit ansehen, wie ihre Adoptivtochter Shiloh zunehmend tiefer in die Fänge des radikalen Predigers Stevens und seiner evangelikalen Glaubensgemeinschaft gerät. Steven ist überzeugt, dass es sich bei Isaac um einen „Heiler“ handelt, mit dessen Hilfe er mehrere Gemeindemitglieder gesund gebetet hätte. Als Isaac selbst Anzeichen einer ernsthaften Erkrankung zeigt, beschuldigt Shiloh ihren Vater Lyle, sein fehlender Glaube an Gott, habe zu Isaacs Krankheit geführt, verbietet dem Großvater den Umgang mit dem Enkel und lehnt jegliche medizinische Hilfe für ihren Sohn ab.

„Ein wenig Glaube“ ist der erste Roman, den ich von Nickolas Butler lese. Schon nach den ersten Seiten hat mich die Geschichte der Familie Hovde in ihren Bann geschlagen. Dem Autor gelingt es, die zwischenmenschlichen Nuancen und Stimmungen, die Eierschalen auf denen Lyle und Peg weite Teile des Romans in Gegenwart von Shiloh laufen, aus Angst davor, Isaac zu verlieren, schnörkellos zwischen den Zeilen zu verpacken. Erzählt werden die Geschehnisse über den Lauf eines Jahres aus der Perspektive Lyles, der seit dem Verlust seines neugeborenen Sohns selbst ein äußerst angespanntes Verhältnis zu Gott und Religion pflegt.
„Ein wenig Glaube“ schafft einen familiären Spannungsgraben zwischen der Verzweiflung der Großeltern, die rechtlich keine Möglichkeit haben, ihrem Enkel gegen den Willen ihrer Tochter zu helfen, und der gleichzeitigen Weigerung der Eltern, Hoffnung und Glauben an ihre Tochter verlieren. Nickolas Butler meistert dieses Spannungsfeld grandios.