Rezension

Ärgerlich und deprimierend

Die Mauersegler -

Die Mauersegler
von Fernando Aramburu

Bewertet mit 2 Sternen

In der Theorie ist dieses Buch ein tolles Buch. Ich finde die Idee grandios. Da ist ein Mann Ende fünfzig, der keine Lust mehr hat zu leben. Er hat alles satt und nimmt sich vor, sich in einem Jahr umzubringen. Bis dahin schreibt er täglich seine Gedanken auf, als eine Art Vermächtnis für seinen Sohn.

Diese Idee ist sehr reizvoll und ergibt ein Patchwork origineller Rückblenden. Er erinnert sich an seine Ehe, seine Kindheit, seine Familie oder Episoden aus seinem Berufsleben, ganz so, wie es ihm einfällt.

Das alles wird in wunderbarer Sprache präsentiert, mit leisem Humor und exquisitem Zynismus und könnte großartige Lektüre sein, wenn es nicht so unfassbar weitschweifig wäre. Toni erspart uns hier nichts. Wenn er schon mal anfängt zu erzählen, dann beleuchtet er alles gründlichst, immerhin ist er Philosophielehrer.

Dazu ist seine Geschichte bei Licht betrachtet nicht unbedingt bemerkenswert. Seine Ehe war ein Fehler, das kommt vor. Ansonsten kultiviert er seine Abneigung gegen nahezu alle seine Mitmenschen, liefert Hasstiraden gewürzt mit ordentlich Selbstmitleid und Macho-Attitüden. Tonis Frust sitzt tief und wird höchst plastisch dargestellt, nur ein Lesevergnügen ist das nicht. An keiner Stelle ist man versucht, ihn zu verstehen oder die Spur Mitleid zu empfinden. Da ist ein Unsympath, dem wir dabei zusehen, wie er sich bedauert und dem wir spätestens ab Seite 600 viel Glück bei seinem Selbstmord wünschen.

Ich mag den Erzählstil und die Idee dieses Buches sehr, bin aber schwer enttäuscht von dem Ergebnis. Diese Lektüre ist ärgerlich und deprimierend, 800 Seiten zähe Betrachtungen und am Ende eine fragwürdige Auflösung. Vielleicht hätte ich ihm drei Sterne geben, wenn es nicht am Schluss noch mit der ganz dicken Macho-Keule ausgeholt hätte.

Kommentare

lex kommentierte am 02. Januar 2023 um 12:52

"...dem wir spätestens ab Seite 600 viel Glück bei seinem Selbstmord wünschen." :-)