Rezension

Auf den Spuren des Vaters

Was ich nie gesagt habe -

Was ich nie gesagt habe
von Susanne Abel

Bewertet mit 5 Sternen

Tom Monderaths Vater ist schon vor etlichen Jahren gestorben, seine Mutter Greta dement und er selbst derzeit glücklich verliebt. Als er durch Zufall erfährt, dass er neben einem Halbbruder sogar noch einige weitere Halbgeschwister hat, beginnt die Suche nach den Hintergründen. Vor allem seine Freundin Jenny und sein Halbbruder Henk versuchen mehr über den umtriebigen Vater Konrad herauszufinden. Dieser geriet als Jugendlicher in amerikanische Gefangenschaft und kam danach nach Heidelberg, wo er sich in Greta verliebt. Ab dieser Zeit beginnt ein Familiengeheimnis, das sich bis in Toms Gegenwart zieht.
Das Cover zeigt die Rückenansicht dreier Personen: einen Mann, der einen kleinen Jungen an seiner Hand hält und etwas abseits eine Frau im karierten Kostüm. Die Kapitel erzählen alternierend die Geschichte Toms und die seines Vaters Konrad. Der Roman ist die Fortsetzung des Buches „Stay away from Gretchen“, kann aber ohne Schwierigkeiten auch ohne Kenntnis des ersten Teils gehört oder gelesen werden. 
Das Hörbuch ist 2022 bei Hörbuch Hamburg erschienen und wird von Vera Teltz gelesen. Ganz am Anfang der Geschichte war ihre Stimme etwas gewöhnungsbedürftig für mich, was sich aber sehr schnell legte. Die Sprecherin trifft wirklich immer den richtigen Ton. Egal, ob es sich um gefühlvolle oder ernste Passagen handelt, ob sie Sätze in Kölsch wiedergibt und dabei trockenen Humor in ihren Unterton legt, die Sprecherin schafft es durchgehend großartig, das Publikum vollkommen in ihren Bann und damit mitten in den Sog der spannenden Handlung zu ziehen.
Die Autorin verpackt die Geschichte in lebhafte Dialoge und lässt mit den detaillierten Beschreibungen richtige Bilder entstehen. Die Auflösung der verzwickten Familienverhältnisse ist sicher recht interessant, sehr viel mitreißender sind aber die Rückblenden ins Leben von Toms Vater. Ob es um die gut recherchierte Darstellung der Lebenssituation zur Zeit des zweiten Weltkriegs geht, um die Maßnahmen der NS-Ideologie, die sich in alle Lebensbereiche drängten oder um deren schrecklichen Umgang mit Behinderten als Untersuchungsobjekte, das Buch spricht vielfältige Themen an. Auf die Nachkriegszeit bezogen wird vor allem die Geschlechterrolle und das Eheleben beleuchtet, sowie damit zusammenhängende Komplikationen, so werden auch Reproduktionsmedizin oder Verhütung angesprochen. Der Sprachstil ist größtenteils an die damalige Zeit angenähert ohne aber aufgesetzt zu wirken.
Die Charaktere sind authentisch und deren Handlungen nachvollziehbar. Die Geschichte selbst, so unglaublich sie mit der Anzahl an Halbgeschwistern auch wirken mag, hat in der Realität tatsächlich einige Vorbilder, was sie noch um einiges interessanter macht.