Rezension

Bandenkrieg

Pirlo - Falsche Zeugen -

Pirlo - Falsche Zeugen
von Ingo Bott

Bewertet mit 4.5 Sternen

Im zweiten Fall für Strafverteidiger Anton „Toni“ Pirlo und seine Kollegin Sophie Mahler wird erneut in einem heiklen Fall ermittelt. Das Oberhaupt einer Nazi-Bande wurde ermordet und für die Polizei ist klar, dass Faruk Maliki, Thronfolger einer bedeutenden Clan-Familie, der Täter ist. Schließlich finden sich seine Fingerabdrücke auf der Tatwaffe. Pirlo und Sophie versuchen, ihren Mandanten Faruk vor dem schlimmsten zu bewahren. Auf der Suche nach Spuren und Hinweisen geraten sie jedoch selbst mehrfach mit den beiden Lagern in Konflikt...

„Falsche Zeugen“ ist der zweite Roman des Autors und Rechtsanwalts Ingo Bott. Mir hat bereits Band 1 im vergangenen Jahr sehr gut gefallen, weshalb ich mich schon auf Band zwei freute. Auch in diesem findet sich ein rauer, kantiger Sprachstil mit kurzen, prägnanten Sätzen. In Kombination mit einer Gliederung in kurze Kapitel und effekthaschenden Titeln besteht von Beginn an ein hohes Tempo. Die Figurenentwicklung, insbesondere von Sophie, wurde in Band 2 gut vorangebracht. Sophie ist im Vergleich zum Vorgänger deutlich gewachsen, weniger naiv und redegewandter. Für mich ist sie der eigentliche Star und ich vermute, dass sie Pirlo bald überflügeln kann. 

Pirlo selbst bleibt ein ulkiger, fast schon kauziger Typ. Er gibt sich stets betont cool, kommt in diesem Band aber oftmals an seine Grenzen. Auch, wenn man im echten Leben so einen Typen um sich wahrscheinlich nicht lange aushalten würde, so ist er doch sehr amüsant und unterhaltsam als Romanfigur. Ich mag seinen lebendigen Charakter, der ständig trinkt und feiert, wenig schläft und doch geniale Einfälle hat. Immer, wenn ich (oder Sophie) von seinem teils sehr egozentrischen Verhalten total genervt bin, kommt er lieb an und ist überraschend einfühlsam. Schlicht gesagt: "er hat seine Momente".

Der Fall selbst hat mir grundsätzlich gut gefallen. Das Thema rund um die Clans hat dazu geführt, dass wir als Leser erneute und nun auch detailliertere Einblicke in Pirlos Familie erhalten. Davon bin ich ein großer Fan! Insgesamt erschien es mir aber diesmal inhaltlicher weniger an „Fall“ und vielmehr an Emotionen. Das ist grundsätzlich nicht schlecht, wenn Sophie und Pirlo nicht mehrfach mit gegenseitigen Vorwürfen und privaten Streitigkeiten beschäftigt gewesen wären. Das hat mich genervt. Zudem gab es beim Ermitteln hierdurch immer mal die ein oder andere Länge gab, in der Pirlo oder Sophie nicht vorankamen. Erstaunt hat mich dabei, dass sie auf viele Ideen, wie z.B. Sichtung von Instagramprofilen, erst sehr spät oder sogar nur zufällig kamen. Ich bin davon ausgegangen, dass es auch bei der Arbeit als Rechtsanwalt einen standardisierten Ablauf gibt. Pirlos Vorgehensweise wirkte in diesem Fall sehr gefühlsbetont und unkoordiniert. Aber seine unorthodoxe Weise macht ihn auch aus.

Der Einblick in Gerichtsverfahren und die entsprechenden Abläufe gefiel mir wieder extrem gut. Einen Kriminalroman und Mordermittlungen auf diese Art aufzuziehen, finde ich wirklich klasse. Endlich mal was ganz anderes als der typische Kommissar, der ermittelt! 

Zusammenfassend hat mir auch der zweite Fall von Pirlo und Sophie sehr gut gefallen. Das hohe Tempo lässt einen das Buch kaum noch aus den Händen legen und die unorthodoxe, spezielle Art von Pirlo sind sehr unterhaltsam. Auch, wenn ich mir mehr Ermittlungen und weniger Streitigkeiten zwischen den Figuren gewünscht hätte, empfand ich den Krimi als erfrischend, modern und besonders. Ich freue mich schon auf Band 3!