Rezension

Ein Emailroman voller unerwarteter Überraschungen!

An Nachteule von Sternhai - Holly Goldberg Sloan, Meg Wolitzer

An Nachteule von Sternhai
von Holly Goldberg Sloan Meg Wolitzer

~~'Unsere Väter fliegen nach China, wir werden ins Lager geschickt, und die Welt, wie wir sie kennen, geht den Bach hinunter.' (S.42)

Eines Tages findet Avery in ihrem Emaileingang eine Email der gleichaltrigen Bett vor, in der diese behauptet, dass ihre beiden schwulen Väter sich ineinander verliebt haben und planen eine gemeinsame Familie zu gründen. Avery kann das zunächst nicht glauben, aber es stellt sich als Wahrheit heraus, und obwohl Avery und Bett außer einem schwulen Vater augenscheinlich nichts gemeinsam haben, entwickelt sich nach kurzer Zeit ein regelmäßiger Austausch per Email zwischen den beiden.
Die Väter der beiden haben außerdem über beider Köpfe hinweg entschieden, dass Avery und Bett sich in einem Ferienlager kennenlernen sollen, während sie eine Reise nach China unternehmen.
Was der Sommer letzten Endes für die vier – und weitere Familienmitglieder – bereithält, damit hätte keiner in seinen kühnsten Träumen gerechnet!

Schon lange habe ich kein Buch mehr gelesen, welches komplett in Emails und Briefen verfasst war, und ich glaube, im Bereich Kinder- und Jugendbuch war es sogar mein erster Briefroman. Zu Beginn konnte ich mir kaum vorstellen, wie die komplette Handlung komplett durch Briefe getragen werden sollte oder wie der Schriftverkehr zwischen Avery und Bett umgesetzt werden würde, sobald sie im Ferienlager aufeinandertreffen, aber diese Umstände sind nicht nur bravourös gelöst worden, dass Buch hält in mehrfacher Hinsicht Überraschungen parat, mit denen ich so nicht gerechnet hätte.

Neben Avery und Bett kommen im späteren Verlauf der Geschichte auch deren Väter in Briefen zu Wort und einige andere Familienmitglieder, deren Identität ich hier nicht preisgeben möchte, da dies einige Überraschungsmomente zerstören würde.
Mit den Vätern – insbesondere Averys Vater – wurde ich erst recht spät warm, allerdings kommen im Laufe der Handlung noch zwei andere Familienmitglieder zu Wort, die ich sehr schnell in mein Herz geschlossen habe. Insgesamt sorgen die verschiedenen Familienmitglieder aus drei Generationen für eine facettenreiche Geschichte, die durch die verschiedenen Blickwinkel mitnichten nur für ein junges Lesepublikum interessant ist.
Probleme, mit denen Avery und Bett zu kämpfen haben, lösen sich im Erwachsenenalter nicht automatisch in Luft auf, wie man im weiteren Verlauf der Geschichte erfährt. Nicht nur die beiden Mädchen sind sehr unterschiedlich vom Charakter, auch ihre Väter sind es und müssen sich nach ihrer ersten Verliebtheit damit arrangieren. Dieser Umstand sorgt noch für einige Irrungen und Wirrungen, denn in dieser Geschichte sind sich selten alle einig, wer zu wessen Familie gehören soll!

Die Geschichte von Avery – der lesenden Nachteule – und Bett – dem wasserverrückten Sternhai – ist eine sehr herzliche Freundschafts- und Familiengeschichte, die zum Lachen, aber auch zum Nachdenken anregt, und die aufzeigt, dass Blut nicht immer dicker als Wasser sein muss. Manchmal sind Freunde die wahre Familie! Familie kann man sich eben doch aussuchen ;)

Spitznamen und Coverdesign sind nicht nur hinsichtlich der unterschiedlichen Charaktere der beiden Mädchen sehr gut gewählt worden, beides spiegelt auch ihren entfernt voneinander liegenden Wohnort wider und die Zeitverschiebung zwischen Avery an der Ostküste und Bett an der Westküste der USA.