Rezension

Herzerwärmend!

An Nachteule von Sternhai - Holly Goldberg Sloan, Meg Wolitzer

An Nachteule von Sternhai
von Holly Goldberg Sloan Meg Wolitzer

Bewertet mit 5 Sternen

Bett und Avery kennen sich nicht und haben sich auch noch nie gesehen, und wenn es nach ihnen ginge, sollte das auch so bleiben. Doch ihre alleinerziehenden und vor Liebe scheinbar verwirrten Väter wollen, dass die beiden Mädchen sich anfreunden, schließlich werden sie in Zukunft Schwestern sein. Das geht auf keinen Fall! Da sind Bett und Avery sich einig. Dennoch sind sie neugierig aufeinander und je mehr Nachrichten sie sich schreiben, desto besser lernen sie einander kennen und es entsteht eine wunderbare Freundschaft.

 

Ab und zu braucht man mal zur Entspannung ein süßes Kinderbuch, in dem die Welt noch in Ordnung ist zwischen all dem klischeebelasteten New Adult und rasanten Fantasy-Geschichten.

Dieses ist so ein Wohlfühl-Buch, bei dem man einfach nur abschalten und genießen kann.

 

Das Buch ist ähnlich aufgebaut wie der Liebesroman „Wenn du das hier liest“, ausschließlich in Form von Briefen und E-Mails, die die Figuren sich schreiben. Bei jenem Roman hat es mich furchtbar gestört, doch bei diesem mochte ich es, was vielleicht auch am Alter der Protagonistinnen liegt.

 

Durch die beiden Mädchen ist die Sprache im Buch überwiegend einfach und leicht verständlich, nichts für den anspruchsvollen erwachsenen Leser also, doch für die Zielgruppe perfekt. Man merkt auch, dass die beiden Mädchen sehr unterschiedlich sind, Avery schreibt ihre Mails immer grammatisch korrekt und drückt sich sehr gewählt aus für ihr Alter, Bett dagegen schreibt genau so, wie sie sprechen würde, emotional und mit VIELEN GROßBUCHSTABEN, wenn sie etwas betonen möchte + einem Plus-Zeichen statt einem 'und'.

Dadurch konnte man die beiden auch dann auseinanderhalten, wenn man die Empfänger- und Absenderzeilen der Mails nicht jedes Mal so genau anschaut.

 

Neben den Mädels kommen auch die Väter der beiden sowie Betts Großmutter und Averys Mutter oft zu Wort, sodass eine bunte Mischung an Sprechern, beziehungsweise Schreibern entsteht, die die Geschichte auflockert und angenehme Abwechslung bietet.

Zudem hätte ich nach meiner ersten Erfahrung mit einem „E-Mail-Roman“ nicht gedacht, dass mir diese Geschichte so gut gefallen und vor allem auch dass das Geschehen zwischen den Mails so gut vorstellbar und logisch erklärt dargestellt werden würde. Man kann sich perfekt ausmalen, was die Mädchen wohl alles erlebt haben, denn vor allem Bett schildert alles sehr aufbrausend.

 

Mir gefällt der charakterliche Unterschied zwischen Avery und Bett sehr gut. Viele Leserinnen haben sicherlich die Möglichkeit, sich mit einer von beiden zu identifizieren, entweder mit der rational denkenden, eher nüchtern und zurückhaltend wirkenden Avery oder der lebensfrohen, abenteuerlustigen, wirbelnden Bett. Ich persönlich mochte Avery lieber, ihre Angst vor Wasser teile ich nämlich zu 100%. Und mir hat gefallen, dass sie ihre Mails und Briefe immer sprachlich korrekt verfasst und sich relativ gehoben ausdrückt für ihr Alter.

 

Die beiden Kinder wollen sich zunächst gar nicht kennenlernen. Sie sind alles andere als begeistert von den Plänen ihrer Väter, eine Familie zu werden, aber sie schreiben sich dennoch weiterhin. Mit der Zeit kann man beobachten, wie ganz kleinschrittig eine wundervolle Freundschaft entsteht. Es waren zuerst nur Kleinigkeiten, wie die Spitznamen und das 'xo' am Ende einer Mail, auch der Ton wurde freundlicher und später regelrecht begeistert. Diese Entwicklung war schleichend und dennoch habe ich mich als Leser über jeden Fortschritt gefreut, sobald ich ihn entdeckt habe.

 

Ebenfalls hat mir gefallen, dass das Thema Homosexualität mit eingebunden wurde, und das auch noch auf eine so natürliche, sensible Art und Weise. Es wird zwar oft deutlich, dass es für viele Außenstehende in der Geschichte ungewöhnlich ist, ein alleinerziehender Vater zu sein, der auch noch auf andere Männer steht, doch für die beiden Mädchen ist es das Normalste der Welt und so handeln sie auch. Sie tun Dinge, die andere Kinder vermutlich auch für heterosexuelle Eltern planen würden.

Diese Liebe, die sich zwischen den beiden Vätern entwickelt, wird von den Autorinnen nicht anders dargestellt, als von Mann und Frau zum Beispiel, es war, wie es sein sollte: normal. Es war für die Mädchen, für die Familie und damit letztendlich auch für den Leser einfach normal und das wünsche ich mir auch für das 'echte' Leben. Dass sich in Zukunft bald keiner mehr Gedanken darüber macht, wer mit wem geht.

 

Mein Fazit:
Dieses Buch hat mir wirklich ein besonderes Leseerlebnis beschert. Es beschreibt wichtige Werte wie Akzeptanz, Familie und Freundschaft, gepaart mit zwei unglaublich sympathischen Protagonistinnen, liebenswerten bis schrulligen Verwandten und das alles verpackt im ungewöhnlichen Aufbau der Geschichte. Ich kann es jedem Leser, ob groß oder klein, nur empfehlen.