Rezension

Er mordet um Heilung zu erlangen

Die Kälte in dir - Oliver Kern

Die Kälte in dir
von Oliver Kern

Bewertet mit 5 Sternen

Stuttgart im heißen Sommer. Auf einem einsamen Gehöft in einem Waldstück findet man eine männliche Leiche, die dort schon mindestens zwei Wochen unentdeckt liegt. Das Opfer wurde zudem auf eine sehr befremdliche Art verstümmelt bzw. es wurden Teile des Körpers entnommen. Und es kommt nach wenigen Tagen ein weiteres bis zur Unkenntlichkeit verbranntes  Mordopfer hinzu, wobei ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Fällen zunächst mehr als unwahrscheinlich erscheint.
Die Ermittlungen der Mordkommission liegen verantwortlich in den Händen von Kristina Reitmeier, die aus verschiedenen Gründen bei diesen Fällen unter Druck gerät. Zum einen ist sie persönlich durch ein dreimonatiges Fahrverbot gehandicapt, aber sie erhält praktische Unterstützung von ihrem Vorgesetzen. Er weist ihr einen derzeit vom Dienst beurlaubten Kollegen als Fahrer zu, nur leider neigt der dazu, sich mit fatalen Alleingängen in die Ermittlungsarbeit einzumischen. Überhaupt ist das Thema Zusammenarbeit in diesem Buch nicht ganz unwesentlich und führt leicht zu falschen Einschätzungen.
Erheblicher Druck auf Reitmeier und ihr Team entsteht auch, als durch eine Indiskretion die Presse viel zu früh und vor allem zu detailliert Infos über den Zustand der Leichen bekommt. Die Presseartikel  schüren die Angst in der Bevölkerung und diskreditieren die Polizeiarbeit.
Anonym lässt der Autor etwa ab der Mitte des Buches den Mörder zu Wort kommen, diese in der Schrifttype abgesetzten Passagen verschaffen dem Leser immer einen Wissensvorsprung gegenüber den Ermittlern, dies schafft durchaus zusätzliche Spannung, verrät aber nicht zuviel und vor allem nicht die Lösung. Diese liefert der Autor dann in einem sehr spannenden Showdown, der für meinen Geschmack aber ein wenig hektisch wirkt.

Insgesamt habe ich den Roman sehr gern gelesen, allerdings auch eine Reihe von kleineren Einzelheiten nicht so gut gefunden. Als da wären: die immer wiederkehrenden Alleingänge von Kristina Reitmeier und auch von Daniel, ihrem „Fahrer“. Überhaupt interpretieren die handelnden Figuren das Wort Zusammenarbeit teilweise auf eine sehr eigenwillige Art und Weise. Aber der Spannungsbogen schafft es mühelos, dass man diese Punkte zwar merkt, aber nicht überbewertet. In der Realität scheint mir das so aber nicht zu funktionieren. Eine sehr interessante Figur ist der Sampo, der finnische Kollege aus der Spurensicherung.
Das Motiv des Täters war ein wenig verwegen, aber vom Thema mehr als interessant. Die Verwicklungen Daniels mit der russischen Mafia, die so gar nichts mit diesem Fall zu tun hat, nahm für meinen Eindruck eine zu große Rolle ein und war wie der ein oder andere Nebenschauplatz vielleicht überflüssig. Trotz dieser kritischen Anmerkungen ist dieser Roman durchaus zu empfehlen, allerdings sollte nicht Thriller, sondern lieber Krimi auf dem Cover stehen. Das wäre ehrlicher und würde dem Buch sehr viel mehr entsprechen.