Rezension

Farbenprächtiger historischer Roman

Florentia - Im Glanz der Medici -

Florentia - Im Glanz der Medici
von Noah Martin

MEINE MEINUNG
Nach ihrem großartigen Debüt „Raffael - Das Lächeln der Madonna“ hat die deutsche unter dem Pseudonym Noah Martin schreibende Kunsthistorikerin, Verlagslektorin und Autorin mit „Florentia – Im Glanz der Medici“ einen neuen fesselnden historischen Roman vorgelegt. Gekonnt nimmt uns Martin auf eine Reise in die schillernde, bewegte Zeit der Renaissance in Italien, die zugleich durch grausame Eroberungskriege, Intrigen, Korruption und Mordkomplotte gekennzeichnet war. Diese kulturhistorisch faszinierende Epoche, in deren Blütezeit unzählige einzigartige Kunstwerke, grandiose Bauwerke und bedeutende Gemälde geschaffen wurden, war auch eine Epoche des steten Wandels, die nicht nur Adeligen, sondern auch normalen Bürgern wie Bankiers und Künstler gesellschaftlichen Aufstieg und beachtlichen Wohlstand bescherte. Dank des lebendigen, anschaulichen Schreibstils tauchen wir rasch in die glanzvolle Kulisse des opulenten Florenz der Medici ein und erleben eine mitreißend erzählte, wendungsreiche Geschichte um erbitterte Machtkämpfe, ein skrupelloses Komplott und eine beinahe aussichtslose Liebesgeschichte. Zur besseren Orientierung im historischen Florenz findet sich eine hübsche, farbig illustrierte Karte der Stadt mit den wichtigsten Schauplätzen der Geschichte. In Anlehnung an historische Quellen entwirft Martin ein äußerst prächtiges und glaubhaftes Bild jener Zeit, in der viele Männer aber auch Frauen Großes geleistet haben. Ihr ist es hervorragend gelungen, ein facettenreiches Sittengemälde jener Zeit zu zeichnen. So erhalten wir neben anschaulich vermittelten kunsthistorischen Details und sorgfältig recherchierten historischen Fakten auch aufschlussreiche Einblicke in die komplexen politischen Verwicklungen, das damalige Alltagsleben sowie die alltäglichen Ängste, Sorgen und Nöte der Menschen.
Die Autorin hat die aus verschiedenen Perspektiven erzählte Handlung über eine Zeitspanne von 10 Jahren angelegt, in die zahlreiche spannende Hintergrundgeschichten eingewoben sind. Die verschiedenen Erzählstränge und häufigen Szenenwechsel sorgen für viel Abwechslung und lassen die Spannung zunehmend ansteigen.
Im Mittelpunkt des Romans steht die berühmte Familie de Medici in Florenz, die als erfolgreiche Bankiersfamilie ein faszinierendes Familienunternehmen leiteten und über lange Zeit ihre unangefochtene Machtstellung in der Stadtrepublik bewahren und stärken konnten. Mit Lorenzo, dem Prächtigen lernen wie das wohl berühmteste Mitglied der Medici besser kennen, der sich mit großem Ehrgeiz, seiner Begabung als genialen Politiker und uneingeschränkter Opferbereitschaft den Bankgeschäften widmete. Hautnah sind wir dabei, wie die Familie immer wieder gegen die vielen Intrigen, politischen Widerstände, drohende Kriege und hinterlistige Verschwörungen anzukämpfen hat, um die Vorherrschaft in der Signoria und ihren politischen Einfluss zu halten. Dabei mussten sich auch die übrigen Familienmitglieder insbesondere Giuliano als Zweitgeborener immer wieder mit einbringen und sich unter Verzicht auf persönliche Belange den familiären Interessen unterordnen, so dass auch heftige Streitigkeiten nicht ausblieben. Anschaulich widmet sich die Autorin dem engen, vertrauensvollen, aber nicht immer harmonischen Verhältnis zwischen Lorenzo und seinem jüngeren Bruder Giuliano. Sehr fesselnd ist es aus einer weiteren Perspektive mitzuerleben, wie die Pazzis als zweitmächtigste Familie von Florenz und erbitterte Widersacher der Medici geschickt Zwietracht säen und ein undurchsichtiges Netz an Intrigen spinnen, mit dem Ziel, die Medici durch einen großen hinterlistigen Komplott endgültig zu stürzen und die Macht an sich zu reißen.
In einem weiteren Handlungsstrang lernen wir als eine weitere historische Persönlichkeit die ehrgeizige junge Fioretta Gorini kennen, die als Tochter des Medici-Leibarztes im Haushalt der Familie aufwächst und sich aufgrund ihrer Talente vorgenommen hat, eine künstlerische Laufbahn einzuschlagen und Malerin zu werden. Ihre heimliche Liebe zum jungen Giuliano Medici steht aufgrund der Standesunterschiede allerdings unter keinem guten Stern. Fioretta, über die in den Geschichtsbüchern leider wenig überliefert ist, steht stellvertretend für viele bedeutende Künstlerinnen der Renaissance, deren aussergewöhnliche Leistungen hinter dem Ruhm ihrer männlichen Künstlerkollegen kaum gewürdigt und meist völlig in Vergessenheit gerieten. Des Weiteren spielen in der Geschichte mit Leonardo da Vinci und Sandro Botticelli auch die beiden berühmten Schüler aus der Werkstatt von Andrea Verrocchio eine wichtige Rolle, die damals als junge Künstler noch am Anfang ihrer Karriere standen. Äußerst spannend ist es dem jungen Leonardo und seiner Sicht auf die Welt zu begegnen, der seinen Weg in der Kunst aber auch in der Liebe noch nicht gefunden hat. Besonders gut haben mir die Passagen gefallen, in denen wir die Erstellung von Kunstwerken wie beispielsweise einiger bekannter Gemälde miterleben und sehr anschaulich künstlerische Stilmittel bezüglich Komposition, Lichtwirkung oder Studien zur Perspektive erläutert bekommen.
Im Laufe der vielschichtigen Handlung begegnen wir vielen fiktiven Figuren und bekannten historisch verbürgten Persönlichkeiten. Die zahlreichen Charaktere sind allesamt mit ihren Stärken und Schwächen vielschichtig ausgearbeitet und wirken sehr authentisch. Glücklicherweise ist dem Roman neben einem Stammbaum der Familie Medici mit dem “Dramatis personae“ ein umfangreiches Personenverzeichnis vorangestellt, so dass man stets den Überblick behält. Wie Martin in ihrem interessanten Nachwort erläutert, hat sie sich weitgehend an die übermittelten historischen Fakten gehalten, hat sich aber auch einige künstlerische Freiheiten bei der Ausgestaltung ihrer Geschichte und der Figuren genommen.

Geschickt verknüpft die Autorin die verschiedenen Handlungsfäden zu einer hochspannenden Geschichte, die schließlich in einem dramatischen Finale gipfelt.
Dieser sehr gelungene historische Roman hat mich nicht nur neugierig auf die Werke der außergewöhnlich talentierten Künstler aus der Renaissance gemacht, sondern auch auf das beeindruckende Wirken und bewegende Schicksal der mächtigen Medici in Florenz, so dass ich mich gerne hierzu noch weiter belesen möchte.
FAZIT
Ein beeindruckender, fesselnder historischer Roman über die Medici in Florenz zu Zeiten der Renaissance – eine facettenreiche, unterhaltsame und äußerst lehrreiche Geschichte, mitreißend erzählt und hervorragend recherchiert. Sehr lesenswert!