Rezension

Fesselnder Thriller mit realem Hintergrund

Stern des Nordens - D. B. John

Stern des Nordens
von D. B. John

Bewertet mit 5 Sternen

„Stern des Nordens“ ist eine fiktionale Geschichte, die  in der Realität Nordkoreas 2010 angesiedelt wurde, das Ergebnis ist ein äußert spannenden Thriller.

Der Autor D.B. John hat lange in Südkorea gelebt und Nordkorea bereist, seine Landeskenntnisse sind in das Werk eingeflossen.

Geschickt verknüpft er das Schicksal von drei völlig verschiedenen Protagonisten aus unterschiedlichen Orten.

Jenna Williams vermisst schmerzlich ihre Zwillingsschwester, die vor 12 Jahren in Südkorea verschwand. Jenna ist Halbkoreanerin mit afroamerikanischen Wurzeln, sie arbeitet an einer Universität, bis der CIA sie aufgrund ihrer Sprach- und Sachkenntnisse anwirbt. Der Wunsch ihre Schwester wiederzufinden bestimmt  häufig ihre Entscheidungen.

Bäuerin Moon führt mit ihrem Mann ein entbehrungsreiches Leben in Nordkorea. Die Angst vor Spitzeln und der Kampf um das tägliche Essen bestimmen ihr Leben. Sie hat aber ein großes Herz und noch immer die Kraft neue Wege zu finden, um das Überleben zu sichern. Sie wird schließlich Marktfrau.  Es gelingt ihr sich für andere einzusetzen und mit ihren Möglichkeiten Widerstand zu leisten.

Cho ist Parteifunktionär in Pjöngjang. Er führt mit seiner Frau und seinem Sohn ein privilegiertes Leben. Als wegen einer Beförderung sein familiärer Hintergrund durchleuchtet werden soll, beginnt er das Regime, in dem er bisher gut lebte, zu fürchten. Er wurde adoptiert, seine wahren Eltern kennt er nicht. Nur wer drei Generationen zurück einen tadellosen Hintergrund hat, darf Karriere machen.

Moon und Cho haben bei allen Unterschieden gemeinsam, dass sie sich der Gefahren durch das Regime durchaus bewusst sind:

„Niemand redete über die Wirklichkeit hinter der Staatsfassade. Um zu bestehen, musste man im Geiste zwei Realitäten nebeneinander aufrechterhalten, eine öffentliche, eine geheime – und man musste die Fähigkeit entwickeln, gleichzeitig zu wissen und nicht zu wissen..... Die Geheime Realität wurde niemals erwähnt, denn es gab kein Gefühl und keine Idee, keinen Lebensbereich, der nicht unter die Autorität des Staates fiel. Eine illoyale Bemerkung genügte...für eine Verhaftung. Manchmal reicht schon ein Blick.“ (S.260)

Jedes Kapital wird aus der Sicht eines anderen Protagonisten geschildert, durch die Perspektivwechsel wird die Geschichte sehr nah an den Leser herangebracht, quasi nebenbei erhält man  Einblick in die Lebensumstände Nordkoreas. Überlebenskampf, Willkür, Exekutionen, Verhöre, Alltag im Arbeitslager u.a. werden sehr glaubhaft geschildert. Man mag manchmal nicht glauben, dass so etwas heute noch passiert.

D. B. John führt die drei Schicksale sehr gekonnt zusammen. Nach einer ruhigen, aber interessanten Einleitungsphase, die einem die unterschiedlichen Charaktere nahebringt, steigt das Tempo immer weiter an. Die Ereignisse scheinen sich zu überschlagen und die Verbindungen werden immer dichter. Das Ende erinnert ein wenig an einen amerikanischen Actionthriller, das schadet dem Buch aber nicht, auf diese Weise verknüpft der Autor die Unterhaltung, die er bieten wollte, mit dem realen Hintergrund sehr geschickt.

Im Anhang des Buches geht der Autor nochmals auf einige Begebenheiten Nordkoreas ein, die Eingang in das Buch gefunden haben, z.B. das Entführungsprogramm und das Samenkornprogramm, Lager 22 u.a. Man erhält hier nochmals einen sachkundigen Einblick und Quellen. Dieser Teil des Buches ist hochinformativ und liest sich wie der Thriller sehr gut. Vieles was bisher mein Vorstellungsvermögen überstieg wurde mir hier nahegebracht. Das diese Realität so gelebt werden kann und stattfindet ist schwer zu glauben.

Dieses Buch habe ich trotz des bedrückenden Inhaltes sehr gerne gelesen, es hat einen Nachhall, der mich noch einige Zeit beschäftigen wird. Nachrichten zu Nordkorea verfolge ich nun mit anderer Wahrnehmung.

Die Lektüre des Buches kann ich nur weiterempfehlen.