Rezension

Im Vergleich mit ersten zwei Bänden enttäuschend

Der treue Spion -

Der treue Spion
von Uta Seeburg

Bewertet mit 3 Sternen

REZENSION – Mit dem Roman „Der treue Spion“, erschienen im April beim Verlag Harper Collins, hat die promovierte Literaturwissenschaftlerin Uta Seeburg (42) ihre in den 1890er Jahren spielende Krimi-Reihe um den als Sonderermittler an die Königlich Bayerische Polizeidirektion nach München ausgeliehenen preußischen Reserveoffizier Wilhelm Freiherr von Gryszinski nun fortgesetzt. Nach „Der falsche Preuße“ (2020) mit dem ersten Mordfall des im neuen Verfahren der Spurensicherung geschulten Kriminalbeamten, und „Das wahre Motiv“ (2021) begleiten wir Gryszinski, der im Einsatz nie ohne seinen Tatortkoffer zu sehen ist, im Jahr 1896 bei seinem Bemühen, gleich mehrere Morde aufzuklären, die in direktem Zusammenhang mit dem spurlosen Verschwinden eines französischen Diplomaten stehen. Man munkelt, er sei im Besitz von Plänen für eine technische Erfindung gewesen, die es ermöglicht, Funksprüche zu manipulieren und dadurch Falschmeldungen zu verbreiten, was im Falle eines Krieges verheerende Auswirkungen haben würde.

Parallel zu diesem Handlungsstrang erleben wir 20 Jahre später seinen inzwischen 22-jährigen Sohn Fritz als Leutnant und Meldegänger im Ersten Weltkrieg in der Schlacht um Verdun in Frankreich. Von seinem preußischen Vorgesetzten, der damals in München dem französischen Diplomaten im Auftrag der deutschen Regierung als Begleiter zugeteilt war, wird er mit einer geheimen Mission beauftragt: Er soll, mit falschen Personalpapieren ausgestattet, nach Paris durchschlagen, dort einen Brief in Empfang nehmen und diesen im russischen Sankt Petersburg abliefern. Im Laufe dieses ungewöhnlichen Spionageeinsatzes trifft Fritz auf Spuren des einstigen, von seinem Vater niemals vollständig aufgeklärten Falles.

Ihrem dritten Roman versucht die - wie ihr Protagonist Gryszinski in Berlin geborene und nun in München lebende - Autorin das Thema der Verbreitung von Falschmeldungen („Fake News“) sowie daraus sich ergebender Risiken zu verarbeiten: „Irgendwie wabert dieser Krieg durch ein undurchdringliches Geflecht aus Botschaften, Gerüchten und unsinnigen Informationen. … Doch für ihre schnelle Verbreitung sorgt die ständige Innovation.“ Gerade heute in Zeiten des Internet und Sozialer Medien erleben wir die Risiken solcher Falschmeldungen täglich. Doch die Brisanz dieses Themas auszuarbeiten, gelingt ihr leider nur ansatzweise und wird von einer leider allzu oberflächlichen Kriminalhandlung überlagert, die weniger durch Logik, als mehr durch Zufälle ihr überraschendes Ende findet.

Hatte ich in meiner Rezension zum ersten Band noch geschrieben, die Autorin verbinde „mit Geschick und einer gehörigen Portion Humor und ironischen Spitzen so unterschiedliche Aspekte wie bayerische Lebensart und Bierseligkeit mit angeblich preußischen Tugenden wie Disziplin und Enthaltsamkeit sowie Anfänge professioneller Kriminalistik mit gesellschaftlichem Leben zur Jahrhundertwende“, so ist hiervon im dritten Band kaum noch etwas zu lesen. Doch genau dies machte den Reiz der ersten zwei Bände aus. Auch nach dem zweiten Band hatte ich zusammenfassend noch gemeint: „Nicht zuletzt diese „Reibung“ bekannter Klischees über Preußen und Bayern geben den Krimis um den preußischen Offizier in München ihr gewisses Alleinstellungsmerkmal unter den deutschen Krimis, verschaffen ihnen den besonderen Reiz und machen deren Lektüre zum erholsamen Spaß.“ Doch von diesem so „besonderen Reiz“ ist im dritten Band leider nichts mehr zu spüren. Es scheint, als sei die Autorin nach ihrem hervorragenden Start zur Veröffentlichung eines dritten Bandes gedrängt worden, ihr aber inzwischen die Puste ausgegangen.

Besonders störend ist in diesem dritten Band die heute leider allzu verbreitete Art, kapitelweise in verschiedenen Zeitebenen hin und her zu springen – hier also zwischen 1896 und 1916. Statt dadurch im besten Fall die Dramatik des Romans zu steigern, wird in „Der treue Spion“ jeder Spannungsaufbau nach wenigen Seiten eines Kapitels durch den Zeitenwechsel wieder zunichte gemacht. Erscheint die Geschichte um Seeburgs eigentlichen Protagonisten Wilhelm von Gryszinski dabei noch sachlich und atmosphärisch stimmig, wirkt das Spionage-Abenteuer seines Sohnes Fritz recht unglaubwürdig und ist voller willkürlicher, fast märchenhafter Zufälle. Hatte ich die ersten beiden Bände dieser Krimireihe voller Überzeugung gern zur Lektüre empfohlen, kann ich dies beim dritten Band leider nicht.