Rezension

Magischer Realismus inmitten eines Dorfkosmos..

Singe ich, tanzen die Berge -

Singe ich, tanzen die Berge
von Irene Solà

Bewertet mit 5 Sternen

„Die Poesie hat alles. Die Poesie hat Schönheit, sie hat Reinheit, Musik, Bilder, Sprache, sie hat die Freiheit und die Gabe, dich zu berühren und die Unendlichkeit spüren zu lassen. Das Jenseits. Die Unendlichkeit, die weder auf Erden noch im Himmel ist. Die Unendlichkeit in jedem einzelnen. Wie ein Fenster oben auf dem Kopf, von dem wir gar nicht wussten, dass es da ist, und das die Stimme des Poeten ein wenig öffnet, ein klein wenig, und dort oben, in diesem Spalt, da ist die Unendlichkeit.“ (S. 74)

 

Das Erlebnis, dieses Buch zu lesen, könnte nicht treffender beschrieben werden, als von der Autorin selbst. In einem Kapitel, in dem eine ihre Figuren über Poesie sinniert. Denn ja, das Buch ist poetisch, musikalisch, melodisch, rhythmisch und rau. Und ja, es hat sehr viel in mir bewegt. Gedanken angeregt und Emotionen freigelegt. Und die Übersetzung dieses Werks (übersetzt aus dem Katalanischen von Petra Zickmann) war sicherlich eine Herausforderung, eine Herausforderung, die für mein Empfinden sehr gut gemeistert wurde.

Die Autorin erzählt in ihrem Buch von allem, von dem Großen und Ganzen und der Bedeutungslosigkeit, der in dem von ihr erschaffenen Mikrokosmos und den von ihr erschaffenen Figuren Bedeutung verliehen wird. Tragische, schöne, raue und mystische Geschichten von den Bewohnern eines Bergdorfes in den Pyrenäen und darüber hinaus von den Bergen selber, von Tieren und Gewitterwolken. Denn die Perspektiven wechseln hier ständig und wirklich jeder und jedes ist befähigt, zu Wort zu kommen. Harte, unbarmherzige Stimmen, ein großartiger Gebrauch von magischem Realismus.

Für mich war das Buch wahrlich ein Erlebnis, das sich beim einmaligen Lesen sicher nicht in der Gänze erfassen lässt. Denn ja, es verlangt dem Leser einiges ab. Bilder, über die es nachzudenken gilt. Perspektivwechsel, das permanente Einführen neuer Charaktere und das Verknüpfen zu einem großen Ganzen, welches man erst einmal durchblicken muss. Die Autorin serviert hier nichts auf dem silbernen Tablett, gibt einem aber im Gegenzug sehr viel, wenn man bereit es, es anzunehmen. Insgesamt eine sehr große Empfehlung für all diejenigen, die bereit sind, sich auf all das beschriebene einzulassen.