Rezension

New Yorker Snobs wunderbar interpretiert

Das Nest - Cynthia D'Aprix Sweeney

Das Nest
von Cynthia D'Aprix Sweeney

ALS HÖRBUCH "gelesen". Ich hätte ja gerne wegen der Snobs, für die ich mich halt nicht erwärmen kann, mehr Sterne abgezogen, aber das ging nicht, weil er sehr gut geschrieben ist dieser Roman, ganz erstaunlich gut sogar für ein Debüt. Bloss der Künstlername.. sehr blumig!

Cynthia D’Aprix Sweeney versuchte sich in ihrem Debüt an einer New Yorker Geschichte, die gesellschaftskritische Anklänge hat, es aber letztlich nicht schafft, die leichte Muse zu verlassen. Was nicht weiter schlimm ist, es muss auch amüsante, leichte Geschichten ohne großen Tiefgang geben.

Ist die Geschichte der Autorin auch federleicht, ist sie doch nicht dumm oder oberflächlich, da sie gut geschrieben, personell prima besetzt und bestens durchkomponiert ist. Sicherlich gibt es kleine stilistische Schwächen, aber ich habe schon schlechtere Debütromane gelesen und selten bessere. Die Bilder, die die Autorin verwendet, sind scharf beobachtet, liebevoll detalliert, kolorieren den New Yorker Alltag der Upperclass, die mit Luxusproblemen kämpft, die sie, selbstredend! für echte Probleme hält. Das ist schon Kunst, wie die Autorin ihren Stoff (rüber)bringt. Vor allem die Besetzung begeistert, da tauchen so viele skurrile Typen auf, die alle lebensecht geschildert sind, kreative Details sind ihnen auf den Leib geschneidert.

Es geht ums Geld. Es geht um Familie. Es geht um Lebensträume. Und es geht um Abhängigkeiten. Um die Abhängigkeiten, die nie gewollt, aber doch in fast jeder Familie entstehen. Kann man sich davon jemals befreien?

Die Autorin hat die Geschichte einer unerträglichen, neureichen snobistischen Familie mit so vielen schrulligen Nebenfiguren versehen, alle ausgezeichnet dargestellt, dass man unwillkürlich oft lachen muss. Doch die Snobs bleiben Snobs, wenngleich es eine schmale Spur an Läuterung gibt.

Was fehlt? Eine kompliziertere Gestalt, wie sie zum Beispiel in Dave Eggers „Bis an die Grenze“ in der weiblichen Figur der „Josie" zu finden ist. Jemanden, eine Gestalt, deren innere Konflikte den Leser aufwühlen. So machen die Schwierigkeiten, die die Geschwister Leo, Jack, Bea und Melody, samt ihren Lebensgefährten und Kindern, zu bewältigen haben, zwar Laune, gehen aber niemals unter die Haut.

Gesprochen: Johann von Bülow schafft es, sich genau so überheblich anzuhören, wie man sich die neureichen New Yorker vorstellt, insofern passt seine Stimme großartig zum Roman.

Fazit: Amüsante Geschichte über New Yorker Snobs, die endlich lernen, ihr privilegiertes Leben unter die Füße zu bekommen.

Kategorie: Unterhaltung, leichte Muse: aber gut!
Der Audio Verlag, 2016