Rezension

Serie muss Lücken schließen

Mitten im August - Luca Ventura

Mitten im August
von Luca Ventura

Bewertet mit 3 Sternen

„Mitten im August“ ist der erste Band einer Krimi-Serie, der uns mit dem schönen Foto der Faraglioni-Felsen nach Capri einlädt. Die davon ausgehende Urlaubsstimmung wird auch im Roman umfangreich erzeugt. Dabei bedient sich der Autor einer derart bildlichen Sprache, dass man den Eindruck gewinnt, selbst vor Ort zu sein. So ging ich am Stand von Capri spazieren, habe die Faraglioni-Felsen gesehen, konnte einen Blick in die typischen kleinen Läden werfen und unzählige Male im Café bei einem Espresso entspannen. Die Urlaubsstimmung wäre perfekt, hätte es nicht einen Mord gegeben.

Zum Absolvieren eines Praktikums im Rahmen ihres Studiums zur Meeresbiologe kommen Jack und Sofia, ein junges Liebespärchen, nach Capri. Doch die Freude währt nicht lange, das Praktikum wird holprig, bald kommt es zum Äußersten. Dabei wollten sie doch „nur“ den Anstieg des CO2-Gehaltes im Meer, dessen Auswirkungen und Maßnahmen zur Abhilfe erforschen. Die Rettung der Weltmeere, mit welcher der Roman thematisch angekündigt wurde, war für mich sehr interessant, hätte jedoch für meinen Geschmack noch intensiver mit der Krimihandlung verflochten sein können. Die beiden Charaktere, Jack und Sofia, kamen mir nicht wirklich nahe. Jack war mir zu verwöhnt und sprunghaft, Sofia erschien mir leichtgläubig und irgendwie naiv. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur zu weit weg von der studierenden Generation.

Am Ende gibt es einen Toten, der Familienmensch Enrico Rizzi und die strafversetzte, degradierte Kommissarin Antonia Cirillo müssen die Tat aufklären. Das zuständige Kommissariat in Neapel traut den beiden dabei nicht allzu viel zu. Dementsprechend gehemmt verlaufen die Ermittlungen.

Enrico Rizzi mochte ich sehr gern im Umfeld seiner Familie. Die Hilfe, die er seinem Vater in Hof und Garten zu Teil werden lässt, ist in dem Umfang heute nicht mehr selbstverständlich. Mit Einfühlungsvermögen erklärt Rizzi seinem Vater auch die Vorteile umweltschonenden Anbaus, probiert es für seinen Vater einfach aus. Gefallen hat mir auch sein Umgang mit der Tochter seiner Freundin Gina sowie seine Haltung gegenüber alten Erinnerungsstücken. Im Dienst war mir Rizzi nicht ganz so sympathisch. Er bevormundet seine Kollegin, ist insgesamt etwas zu sehr von sich selbst überzeugt.

Antonia Cirillo war mir letztlich lieber, weil sie mehr Feuer ins Geschehen bringt. Sie riskiert auch mal was, dehnt Regeln auch über Gebühr, hat halt Ecken und Kanten. Über ihre Vergangenheit haben wir zwar noch nicht so viel erfahren, in Anbetracht der Serie hoffe ich an dieser Stelle auf die Fortsetzung.

Insgesamt ist „Mitten im August“ ein solider Krimi, für dessen Fortsetzung ich mir eine optimale Ausschöpfung des generierten Potentials wünsche. Die guten Ideen für den Roman wurden oft nur angeschnitten und danach nicht konsequent zu Ende geführt. Teilweise habe ich auch ein bisschen den roten Faden verloren, für mich war nicht zu jeder Zeit nachvollziehbar, wie die beiden Ermittler zu ihren Ergebnissen gekommen sind. Deutlicher hätte zudem die weitere Verarbeitung von Beweismitteln und von Zeugenaussagen herausgearbeitet sein können. Dabei möchte bestimmt nicht, dass mir ein Roman jeden Gedanken vorgibt, trotzdem ist es mir hier zu wenig Information. In gewissem Maß wird diese Schwäche durch liebevolle kleine Details ausgeglichen, wie z. B. die Entdeckung des alten, längst verrosteten Autos der Eltern oder der Schädlingsbekämpfung mit Marienkäferlarven.