Rezension

Wie Rassismus Identität prägt

Die verschwindende Hälfte - Brit Bennett

Die verschwindende Hälfte
von Brit Bennett

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Die verschwindende Hälfte" handelt von Stella und Desiree, zwei Zwillingsschwestern in den USA der 1950er bis 1980er Jahre. Sie wachsen in einer Kleinstadt auf, in welcher die schwarzen Bewohner außergewöhnlich hellhäutig sind und dies als erstrebenswertes Ideal gilt. Auch Stella und Desiree haben einen sehr hellen Hautton, gehen aber ganz unterschiedlich damit um. Desiree gründet mit einem sehr dunkelhäutigen Mann eine Familie und verstößt so gegen die Konventionen ihres Heimatorts. Stella hingegen gibt sich als Weiße aus. Der englische Begriff dafür ist "passing". Die Wege der Schwestern trennen sich, und so springen die Kapitel nicht nur zeitlich vorwärts und zurück, sondern werden auch aus wechselnden Perspektiven erzählt.

"Passing" und Rassismus bilden den Hintergrund, vor dem Brit Bennett die Geschichte von Stella und Desiree und ihren Familien erzählt. Beide Frauen haben auf ihre Weise mit den getroffenen Entscheidungen zu kämpfe. Auch andere gesellschaftliche Themen wie Gewalt in der Familie, Transgender und Aids werden angeschnitten. Dies geht leider etwas auf Kosten der Charakterentwicklung - viele Figuren haben ihnen zugewiesene Rollen, aus denen sie auch nicht ausbrechen oder sich weiterentwickeln. Letztlich sind recht viele Zufälle nötig, damit sich die Wege von Stella und Desiree erneut kreuzen, aber das verzeihe ich diesem faszinierenden Buch gerne.

"Die verschwindende Hälfte" ist ein interessanter Beitrag zum Thema Rassismus, über Identität und deren Abhängigkeit von ethnischer Zugehörigkeit in einer durch Rassismus geprägten Gesellschaft.